DFB-Präsident zur "Dreifachbestrafung" bei einer Notbremse

  • Hmm...es ging m. E. in erster Linie um die fahrlässigen Fouls bei z. B. einem Torwart typischen Abwehrversuch und nicht um absichtliche Notbremsen.


    Es ist ein Unterschied, ob bei einem Erfolg versprechenden Abwehrversuch der Angreifer fahrlässig zu Fall gebracht wird oder ob er absichtlich "umgesenst" wird. Die echten Notbremsen stehen doch garnicht zur Debatte.

  • Wo ist für den Angreifer der Unterschied, ob die Torchance fahrlässig oder absichtlich (mal davon abgesehen, dass "absichtlich" gar kein Tatbestandsmerkmal in den Regeln ist, dort wird nur zwischen fahrlässigen, rücksichtslosen und brutalen Fouls unterschieden) unterbunden wird? Ich kann Deiner Argumentation nicht folgen. Und genau das war ja auch das Argument des IFAB: "We don't want to flip back to where we were before where some goalkeepers knew that if they could not be sent off, they would simply take out the attacker," board member Stewart Regan told reporters., Reuters

  • Die meisten Spieler wissen genau was ein kartenloses, gelbwürdiges oder rotwürdiges Foul ist. Angesprochene "Sensen" wären also in fast allen Fällen nicht von der Intensität her rotwürdig.


    Ein Angriff mit hochgefährlicher Torchance jetzt: Ich muss aufpassen, foule ich - fliege ich.
    Ein Angriff mit hochgefährlicher Torchance ohne Rot: Volles Risiko und rein da - entweder ich spiele den Ball, oder ich foule - aber der Strafstoß gleicht die Torchance höchstens aus und Gelb juckt mich nicht. Im besten Falle, im schlimmsten Falle foult er bewusst, da Strafstoß + Gelb im Vergleich zum sicheren Tor sich einfach lohnt.


    Absicht und Fahrlässigkeit eines Spielers kann man nicht bewerten - ein Spieler kann durchaus mit voller Absicht foulen, aber so tun als ob er zum Ball geht. Machen die jetzt bei taktischen Fouls im Mittelfeld ja auch nicht anders...

  • Genau, ohne die rote Karte, trete ich im Zweifel dem Angreifer leicht von der Seite gegen einen Fuß, er stolpert.
    Dafür gibt es für sich genommen keine rote Karte.


    Und wie definierst du bitte "echte Notbremsen" für ist jedes Foul ob absicht oder nicht, dass eine klare Torchance verhindert eine "Notbremse".
    Ich behaupte ja weiterhin, dass die weitaus meisten Fouls (zumindest in den oberen Ligen) fahrlässig sind.


    Aber wenn man die rote Karte wegregulieren würde, dann würden mit Sicherheit mehr absichtliche Fouls passieren.
    Weil dann gibt es keine wirklich spürbare Strafe, schon gar nicht ausserhalb des 16ers.
    Denn gelbe Karte und Freistoß ist alle mal besser als Gegentor.


    Und die Unterscheidung zwischen Foul im und ausserhalb des Strafraums passiert mir heutzutage schon zu viel (Stichwort: "nicht elfmeterwürdiges Foul").

    Bin kein Schiedsrichter, nur ein Spieler Trainer (wieder) Spieler Irgendjemand der sich für die Regeln seines Sports interessiert

  • Grundsätzlich geht es ja um die "dreifach-Bestrafung", sprich Strafstoß (Wiederherstellung der Torchance), Feldverweis (Bestrafung des fehlbaren Spielers) und die nachfolgende Sperre.
    Und da bin ich auch der Meinung: Feldverweis und Strafstoß sind Strafe genug, eine nachfolgende Sperre halte ich nur für angebracht, wenn das Foulspiel an sich einen Feldverweis nach sich gezogen hätte.

  • Wie gesagt, es hat früher auch funktioniert, die Notbremsen waren auch nicht wirklich brutaler oder häufiger. Ich fand es besser, als der SR noch mehr Ermessensspielraum hatte.


    Ich könnte mich auch anfreunden, dass der des Feldes verwiesene Spieler, wie in der Halle, nach einem Gegentor durch einen Einwechselspieler ersetzt werden darf.

  • Das ist Unsinn Mark, der Feldverweis muss ja gerade eine zusätzliche Bestrafung darstellen. In deiner Version hau ich den Spieler um, wenn es klappt und Straf/Freistoß vergeben wird hab ich das Tor verhindet, wenn nicht gehts trotzdem für uns zu elft weiter.

  • Nummer 4: Irgendwie kommt es mir vor, dass du eine Notbremse immer mit einer Körperverletzung gleichsetzt, das ist übrigens Unsinn. Mir geht es ausschließlich um Foulspiele, die ohne Torverhinderung allenfalls gelbwürdig sind.

  • Dann ersetze halt in seiner Antwort "umhauen" durch "leicht am Trikot ziehen" o.ä. Da hat Nummer4 schon nicht Unrecht.


    Für am sinnvollsten halte ich noch den Ansatz von A_Kappi: sollte nach dem folgenden Strafstoß ein Tor erzielt werden, entfällt die Sperre, durch die ja eh nur die nachfolgenden Gegner profitieren.

    In einer Aktion prallten Grevelhörster und Gerick zusammen. Der FC-Stürmer blutete aus der Nase, aber Schiedsrichter Stefan Tendyck aus Gelsenkirchen konnte mit einem Taschentuch aushelfen. Gericks Torriecher wurde nicht in Mitleidenschaft gezogen: Er markierte das 1:3.


    Westfalen-Blatt (29.5.2017) :D

  • Das hielte ich auch für sinnvoll. Aber dafür muss man doch nicht die Regeln des Spiels ändern und für den SR bleibt alles gleich. Es wäre allein eine Sache der Sportgerichte. Kann der DFB hier nicht auch ohne IFAB seinen eigenen Weg gehen?

  • Ich erweitere den Vorschlag von Stefan noch:
    Wenn aus dem Straf- oder Freistoß unmittelbar ein Tor entsteht, kann auf die Sperre verzichtet werden, soweit das Foul an sich nicht einen FaD zur Folge gehabt hätte.


    Klarstellung, dass Fouls nicht ohne weitere Folge bleiben, wenn schon das Foul an sich (ohne die Verhinderung der klaren Torchance) einen FaD bewirkt, soweit es aber wirklich nur die klare Torchance ist und das Tor im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Frei- oder Strafstoß fällt, ist eine Sperre nicht erforderlich. M.E. sollte der DFB seinen Änderungsantrag dahingehend modifizieren - würde übrigens keine Änderung des Regelwerks bedeuten, sondern nur der begleitenden Vorschriften, auf dem Feld bliebe alles beim alten. Wir SR sind im Bericht ohnehin jetzt schon gehalten zu vermerken, ob der Frei- bzw. Strafstoß zum Tor führte, also auch da keine Änderung.

  • Mich als SR interessiert primär, was auf dem Feld passiert. Da wird das aktuelle Spiel entschieden und da sehe ich Handlungsbedarf.


    2 unschöne Konstellationen bleiben (auch bei Anwendung von Stefans/ Manfreds Vorschlag):


    1. Ich muss als SR bei einem fahrlässigen Foul (z.B. ein plötzliches Kreuzen des Angreifers im Strafraum und einer folgenden leichten Berührung des Abwehrspielers die aufgrund der hohen Geschwindigkeit zum Fall des Angreifers führt- völlig fußball-typisches Verhalten aller Beteiligten ohne jegliche unsportliche Absicht) den Strafstoß plus FAD bei einer klaren Torchancenverhinderung geben- auch in der 10. Spielminute. Wenn der Strafstoß verwandelt wird, spielt eine Mannschaft 80 Min. in Unterzahl, ohne dass sie sich etwas zu schulden hat kommen lassen.


    2. Die klassische Notbremse außerhalb des Strafraumes: Die kann ich als SR nicht dergestalt ahnden, dass der Nachteil wieder ausgeglichen wird- insbesondere in den Schlussminuten. Den unerträglichen Fall, wo der 1-0 in Führung liegende Verteidiger den Angreifer in der 90. Minute 20m vor dem Tor absichtlich mit einem Vergehen eine klare Torchance nimmt, kann ich als SR auf dem Feld nicht geeignet ahnden.




    Zu 1: Der SR müsste die pers. Strafe in Abhängigkeit von der Wiederherstellung der klaren Torchance (also hier: Tor) varrieren dürfen. Das könnte so weit führen, dass ein Team die Angreifer nach einem Freistoß aus 20m absichtlich den Ball ins leere Tor schießen lassen, um nicht 80 Min. in Unterzahl spielen zu müssen.


    Zu 2: Der SR müsste die Befugnis haben, aufgrund der Tatsachenentscheidung "Verhinderung einer klaren Torchance" auch außerhalb des Strafraumes einen Strafstoß verhängen zu dürfen.




    Jetzt muss ich schnell aufhören mit diesen Gedankenspielen- sonst mache ich es am Sonntag im Spiel falsch :flieh:

  • Ich denke meine Lösung wäre immer noch die beste: Foul (egal wo), welches eine Torchance nimmt, die durch einen Strafstoß wiederhergestellt wird (z.B. 1 gg 1) - Strafstoß und Gelb.
    Foul, welches eine so klare Torchance wegnimmt dass selbst ein Strafstoß sie nicht wiederherstellt (Torwart foult im 1gg1, Hand auf der Linie etc.) - technisches Tor, Anstoß, Gelb.


    Nimmt den Foulspielen jeglichen möglichen Nutzen weg, nach einem Foulspiel steht man immer mindestens genauso schlecht wie vorher da. Daher muss man dann auch nicht übertrieben hart persönlich bestrafen.


    Das Problem ist: Dafür müsste man ja bisschen flexibel sein, die Fußballregeln bisschen modifizieren - und so was kriegt man nicht in die Köpfe der alten Funktionäre reingehauen.

  • Na ja, ob es in die Köpfe sollte, irgendwelche hätte wenn und aber Sachen in die Regeln aufzunehmen, halte ich für Fragwürdig.
    Das ist doch wieder nur unendlich kompliziert. Ein Tor ist, wenn der Ball die Torlinie zwischen den Pfosten überquert hat und nicht, wenn irgendwo ein Foul entstanden ist.


    Die derzeitige Regel ist ganz einfach. Foul zur Torverhinderung ist rot und Ende. Die Art des Fouls bestimmt die Dauer der Sperre. Das ist für jeden klar und nachvollziehbar. Sicherlich nicht immer gerecht, aber das ist keine Variante welche ich bisher gelesen habe.

    Gott sei Dank habt ihr Schiedsrichter, sonst müsstet ihr eure Fehler ja bei euch suchen !

  • Nummer4: Du bezeichnest meinen Vorschlag als Unsinn und legst dann mit einem noch größeren Unsinn nach, der auch noch deiner Begründung widerspricht: "der Feldverweis muss ja gerade eine zusätzliche Strafe darstellen."


    Aber, dein Ansatz ist nicht schlecht: wenn durch den Strafstoß für Torchance wiederhergestellt wird, reicht Gelb vollkommen aus, es sei denn das Foulspiel selbst ist rotwürdig.


    Wenn ein (fast) klares Tor verhindert wird, dann gibts Rot. Ausnahme der Torhüter, der beim Versuch den Ball mit der Hand zu erreichen etwas zu spät kommt und offensichtlich unabsichtlich bzw. fahrlässig foult.


    Und wer auf der Torlinie steht muss eben darauf achten, dass seine Armhaltung keinerlei Unnatürlichkeit als Interpretation zulässt.

  • Nein, der Punkt ist gerade: Foulspiel darf sich nicht lohnen. Indem man quasi nachträglich den Spieler wieder her gibt senkt man die Hemmschwelle ja nur noch mehr. Ich verhindere ein klares Tor mit Hand auf der Linie - entweder hab ich Erfolg und wir spielen mit 10 Mann weiter, oder aber wenn die den reinmachen spielen wir trotzdem zu elft.
    Win-Win (oder eher Win-not lose). Das Problem der lohnenden Notbremsen, die genau die harte Dreifachbestrafung notwendig machen, wird dann nur noch verschärft.


    Außerdem haben wir dann so lustige Situationen wie z.b. der Spieler in der 10. Minute, der den Strafstoß absichtlich Richtung Eckfahne ballert, da er lieber gegen 10 Spieler spielt als 1:0 vorne liegt oder umgekehrt, der Torwart der einen Kullerball durchlässt, damit sie sich wieder auffüllen können.


    Meine Wortwahl war aber bisschen harsch, sorry dafür.

  • Letztes WE kam es, wie es kommen musste: D-Jugend-Hallenturnier, Vorrunde, Mannschaft E liegt 2 Min. vor Schluss 0:2 zurück. Ein Abwehrspieler liegt auf der Torlinie und "verhindert" das 0:3 mit einem Handspiel (Strafstoß wurde verwandelt, E kam trotz Niederlage ins Finale).


    Was blieb mir aufgrund des "ach so tollen" Regelwerks übrig? Richtig, Rote Karte für ein Kind, das sicherlich reflexartig und nicht bösartig handelte. Folge: Es ging mit 0:3 weiter, das Kind durfte nicht weiter im Turnier mitspielen und wird dieses Wochenende beim Saisonstart fehlen.


    Das einzig positive daran war, dass es tatsächlich niemanden gab, der mich kritisiert hat.


    Jaaa, ich bin gegen Drei- , Vierfach- bzw. Vielfachbestrafung!!!

  • Nein, du hättest auch regelkonform Zeitstrafe geben können. Damit biegt, aber bricht man keine Regel und da die Zeitstrafe für den Spielverlauf eine identische Strafe darstellt, hätte sich die absolut übertriebenen Konsequenzen für ein ohne böse Absicht handelndes Kind sparen können.


    Gleich kommt wieder die "Regelbuch geht über gesunden Menschenverstand!"-Fraktion, aber im Jugendbereich -gibt- es eben eine Möglichkeit dies ohne Regelverstoß zu lösen.