Handelfmeter in der D-Jugend - rote Karte nötig?

  • Hallo liebe Schiedsrichter,
    ich habe nun auch meine ersten Spiele hinter mir. Um genau zu sein, pfiff ich gestern mein 4. Spiel in der D-Jugend, wo folgendes passierte:


    In der 16.Minute kommt eine hohe Flanke ca. 6m vors Tor der Gäste. Der Torwart rennt raus faustet am Ball vorbei und der Ball kommt direkt auf die Oberschenkel eines Spielers und was macht ein Spieler mit 10 Jahren ja fast reflexartig?
    Genau, er hält die Hände hin und lässt den Ball wieder fallen. Um ihn rum war der Torwart, ein weiterer Mitspieler und ein Gegenspieler. Ich habe natürlich sofort gepfiffen und auf den "Punkt" gezeigt.


    Dann ging in meinem Kopf ein Feuerwerk los: Eigentlich ist es eine rote Karte :rote_karte: . Aber von meinem Betreuer, den ich eigentlich auch gut kenne und auch Beobachter ist, wurde mir folgendes gesagt: "Wer in der D-Jugend die rote Karte braucht, der macht irgendwas falsch!". Aber gelb wäre ja auch lächerlich. Es gab auch keine Beschwerden seitens der Trainer, Zuschauer und Spieler, niemand wollte eine Karte sehen. Also habe ich keine Karte gegeben und den Strafstoß ausführen lassen.


    In der Kabine sagte mir dann der Betreuer, dass es eine rote Karte gewesen wäre :rote_karte: . Hat aber auch eingestanden, dass es sich in der D-Jugend eigentlich nicht gehört. Er hätte ihn zur Seite genommen und ihn darauf hingewiesen.

    Nun "plagen" mich folgende Fragen:
    Was sagt ihr dazu? Hättet ihr den Karton gegeben oder auch stecken lassen? Wäre es wirklich rot gewesen? Im Nachhinein, also jetzt, würde ich Gelb herzeigen, da es nicht die Verhinderung einer klaren Torchance war und zudem keine unsportliche Absicht dahinter war! Soll ich konsequenter werden?




    Mfg

  • Wenn es - wie Du schreibst - keine Verhinderung einer eindeutigen Tormöglichkeit war, hast Du alles richtig gemacht. Klar hat der Junge aus Reflex (und nicht mit einer unsportlichen Absicht) den Ball mit der Hand gespielt, ergo war auch der Strafstoß unbedingt erforderlich. Eine persönliche Strafe ist hier m.E. nach nicht erforderlich.

  • Lass es uns differenzieren:


    Die Aussage, dass man in der D-Jugend keine Rote Karte braucht, ist hahnebüchener Unsinn. Notbremsen, Tätlichkeiten und Beleidigungen kommen auch in diesen Altersklassen vor und sind zwingend mit einem FaD zu bestrafen.


    Die beschriebene Situation klingt aber auf keinen Fall nach einer Roten Karte, da die unsportliche Absicht fehlt und zumindest der Beschreibung nach auch keine Verhinderung einer klaren Torchance vorliegt. Im Gegensatz zu A_Kappi sehe ich hier aber doch einen Strafstoß, denn die Hand geht zum Ball und die Handhaltung an sich ist unnatürlich, der Umstand, dass es sich um einen Reflex handelt, schützt hier (leider) nicht, sondern belegt nur die fehlende unsportliche Absicht.

  • Falsch gelesen, Manfred. Auch ich hatte geschrieben, dass der Strafstoß unbedingt erforderlich ist ;)

  • Persönliche Strafen sind mMn analog zum Herrenbereich zu handhaben, jedoch ist dabei sehr viel Fingerspitzengefühl erforderlich.
    In der U8 Liga sollte man keine Rote Karte bei 'ner Notbremse ziehen, meiner Meinung nach reicht eine kl. Ansprache und evtl. der FaZ völlig aus, in der E-D Jgd sieht es wieder anders aus.


    Ansonsten stimme ich meinen Vorrednern zu.

    :gelbe_karte:MY WAY FAIR PLAY:rote_karte: | "Nicht ganz sauber, nicht ganz fein - aber es muss ja nicht gleich ein Strafstoß sein!" (Lutz-Michael Fröhlich)

  • Der FaZ ist die einzige Möglichkeit eine Notbremse ohne Regelverstoß nicht mit der Roten Karte zu ahnden...


    Das ist bitte nicht Dein Ernst?!?! Ich werd´ hier noch waaaahhhhnsinnig...... :hammer: :hammer: :hammer:

  • Wahnsinnig werden? Nicht dafür. Wie ist doch ganz klar geregelt? Der FaZ soll zum Einsatz kommen, wenn der Schiedsrichter ihn als pädagogisch sinnvoll ansieht, da eine Verwarnung nicht mehr ausreicht. Er ersetzt ausdrücklich nicht den FaD.


    Das ist offizielle Linie und wer das anders behauptet oder womöglich handhabt, gehört zur Gruppe "Schiri von letzter Woche".

  • Der FaZ wird verwendet wenn "Gelb nicht ausreicht, Rot aber zu hart ist".


    Jetzt wer das in den oberen Jugenden einsetzt ist Schiri der letzten Woche, wer aber ein zur falscher Zeit mit falscher Armhaltung am falschen Ort stehendes kleines Kind sofort mit FaD runterschmeißt macht aber selber was pädagogisch ordentlich falsch. Wenn er es absichtich macht dann kann man drüber reden, aber für eine fahrlässige Notbremse in der Jugend den Hammer gleich rauszuholen ist auch nicht richtig. Das will keiner sehen.


    Die Regeln schreiben klare Torchance = FaD vor, aber nach der mir bekannten FaZ-Regel darf ich "wenn mir Rot zu hart erscheint" - tut es - den FaZ geben. Daher kein Regelverstoß.


    Hebt euch die Roten Karten für die höheren Jugenden auf, da muss dann wirklich knallhart Rot kommen.

  • Dann hat Bremen diesbezüglich andere Regeln als Hessen - hier ist das eindeutig. Ganz nebenbei: Dieser Sachverhalt wurde auch schon in der Schiedsrichterzeitung erörtert, übrigens mit genau dem von mir genannten Ergebnis. Ob Bremen sich da wirklich eine Sonderlocke erlaubt ...?

  • Ich spreche nicht für Bremen, ich spreche für mich. Kann sein dass die "offizielle" Meinung ist: "Selbst in der G-Jugend knallhart Rot", ich halte das aber so für praxisfern dass ich das, falls ich mal Kinder pfeifen sollte, bestimmt nicht durchziehe. Mit dem FaZ bin ich vor "Regelverstoß!" sicher und was soll sonst kommen, eine Beobachtung während ich eine E-Jugend übernehme? Bestimmt nicht.
    Ich bin schon am "regelgetreuen" Ende der "regelgetreu vs. "letzte Woche""-Skala, aber ein für Erwachsene geschriebenes Regelbuch 1:1 für kleine Kinder zu übernehmen ist Unsinn und ich sorge lieber dafür dass die Kinder ihren Spaß haben.

  • Hast Du Kinder? Ich kann Dir aus dreifacher Erfahrung sagen, was denen Spaß macht und was nicht: Gewinnen! Ein verschossener Ball statt eines Tores ist schnell dramatisch und schon zwangsweise 5 Minuten zuschauen zu müssen eine Deklassierung. Aber auch bei den ganz Kleinen ist es nicht unser Job, für Spaß zu sorgen; es gibt da klare Anweisungen und die sind umzusetzen. Übrigens geht das ganz gut, ich habe da wahrlich ausreichend Erfahrung sammeln können, nicht nur beim Usertreffen.

  • Bei uns ist in den Wettbewerbsbestimmungen ganz klar geregelt, dass bis inkl. E-Jgd quasi "in Annäherung an die Fußballregeln" die Spielleitung durchgeführt werden soll. Abschlag aus der Hand, kein Abseits, keine pers. Strafen, Wiederholung bei falschen Einwürfen sind die wesentlichen Einschränkungen. Auch sonst wird mit gesundem Menschenverstand und viel "Augen zu" gepfiffen. Das funktioniert gut und ich halte dies für praxisgerecht.


    Aber irgendwann ist Schluss. Um genau zu sein: In der D-Jugend. Das wissen die Akteuere auch und können das gut unterscheiden. Und sie wollen in der D-Jugend auch behandelt werden wie die großen. Sollen sie auch. Ist eben ein offizieler Fußball-Wettbewerb und kein Bolzplatz oder Kuchen backen.


    Dabei muss der SR in der D-Jugend sowohl was die Feststellung der "Absicht" bei Handspiel auch als bei der Bewertung "klare Torchance vereitelt j/n" ganz andere Maßstäbe ansetzen als bei den Senioren. Insofern wird man den FAD nach "Notbremse" wirklich nur in äußerst krassen, überdeutlichen Fällen brauchen. Weil eben doch kein (absichtliches) Handspiel vorlag und/oder keine klare Torchance vereitelt wurde.

  • Hallo.


    Wir sollten uns hier noch mal vergegenwärtigen, das ein D-Jugend-Spieler in der Regel schon ausreichend Erfahrung hat aus regeltechnischer Sicht, um abschätzen zu können "das darf ich und das nicht". Und ab der D-Jugend ist aus meiner Sicht das "Fingerspitzengefühl" mit sehr viel Bedacht einzusetzen, da die Kids teils cleverer sind, als wir uns vorstellen wollen.


    Klar vorgegebene Feldverweise sind umzusetzen, da kann ich als SR mich nicht drüber hinwegsetzen. Und einen erzieherischen Aspekt sehe ich hier auch nicht, einen zwingenden Feldverweis in einen auf Zeit zu ändern. Was passieren kann, wenn man den Feldverweis abweichend von den Regeln auslegt, hat man bei uns in der Kante neulich gesehen - ausbleibender klarer Feldverweis auf Dauer wird statt dessen auf Zeit ausgesprochen, ein Zuschauer (Spielervater) läuft auf das Feld und sorgt für einen Spielabbruch. Urteil der Kammer nach Anhörung der Beteiligten: Strafe für den Verein in Haftung für den Zuschauer und Neuansetzung, weil durch die falsche persönliche Strafe ein Regelverstoß begangen wurde. Daher wäre ich mit der Behauptung "es kann ja nix kommen" vorsichtig.

    "Kondition ist nicht alles, aber ohne Kondition ist alles nix."
    Gerhard Theobald, ehemaliger Bundesliga-SR, zum Thema Grundlagen des Stellungsspieles

  • Vor 2 Jahre leitete ich den Viertelfinalspiel (D-Junioren) und ich blieb meine Linie treu. Der Spieler wehrte den Ball mit seine Hände absichtlich ab, wobei er einen Torchance verhinderte hatte. Ich zog :rote_karte:.
    Wenn ich in D-Junioren keine Rote Karte zeige, aber in Herren zeige ich Rote??? Es ist keine treue Linie! Daher behandele ich alle gleich!

    Ich habe keine Ablenkung durch die Geräuschkulisse.
    Ich bin komplett konzentriert auf das, was ich sehe


    Gehörloser Schiedsrichter -
    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten.

  • Ich glaube Nummer4 bezog sich auf die jüngeren, nicht auf die D Jugend. Bei denen bleibt man seiner Linie natürlich treu.

    :gelbe_karte:MY WAY FAIR PLAY:rote_karte: | "Nicht ganz sauber, nicht ganz fein - aber es muss ja nicht gleich ein Strafstoß sein!" (Lutz-Michael Fröhlich)

  • Bei den ganz kleinen werden ja auch i.d.R. keine offiziellen SR angesetzt, zumindest nicht an der Basis. Wenn ein offizieller SR angesetzt ist, sollte er bei klarer Notbremse auch den FaD ziehen, alles andere ist ein Bärendienst für den nächsten SR, der dann regelkonform handelt...


    PS: Nummer4, Du argumentierst hier m.E. an der Sache vorbei. Je jünger, umso lernfähiger sind die Kinder. Wenn sie eine Notbremse begehen und nach fünf Minuten wieder mitspielen dürfen, lernen sie daraus genau was? Und wenn sie das ein Jahr später wieder tun, sehen sie auf einmal :rote_karte: und kommen sich dann wie vor?

  • Offizielle SR haben nach den offiziellen Regeln zu pfeifen. Wenn der Verband für die ganz Kleinen Erleichterungen haben möchte, so muss er entsprechende Regeln schaffen, was ja auch teilweise (Nichtanwendung Abseits und Rückpass) in vielen Verbänden umgesetzt ist. Sind weitere Erleichterungen vorgesehen (Einwurf, Eckstoß, Abstoß etc.), so kann man auch hierfür Regelungen schaffen, zumindest in meinem Kreis ist dies der Fall. Daher habe ich auch als offizieller SR keine Probleme, wenn ich diese Altersklasse ausnahmsweise pfeife. Was aber nicht geht sind eigenmächtige Ausnahmen, nur weil das den Spaß nimmt o.ä. ...

  • Sobald ein SR offiziell angesetzt wird, hat er nach den Regeln zu pfeifen. Aussagen wie "5. Min. ersetzen die rote Karte" sind nicht nur hochgradiger Schwachsinn, sie sind auch gefährlich für Neulinge die hier mitlesen und sich möglicherweise einen solchen Unsinn zu eigen machen.


    Regeln sind Regeln und wir haben den Regeln Geltung zu verschaffen, und nicht die Regeln zu verbiegen.

    :hsv1: IN DUBIO PRO RAUTE! :hsv1:


    25.05.1983 - Die Helden von Athen:


    Uli Stein - Bernd Wehmeyer, Holger Hieronymus, Dietmar Jakobs, Manfred Kaltz - Wolfgang Rolff, Jürgen Groh, Felix Magath, Jürgen Milewski - Horst Hrubesch, Lars Bastrup (ab 61. Min. Thomas von Heesen)


    Trainer: Ernst Happel



    Nicht selten sind wir nach dem Spiel so richtig deprimiert,
    wir freuen uns schon wenn unser Team zumindest nicht verliert.
    Es ist schwer - wir sind Fans vom HSV!