Foul oder kein Foul - wo liegt die Grenze?

  • Ich denke, jeder von uns kennt die Situation: In einer Spielszene berührt ein Spieler Ball und Gegenspieler. Soweit erst der Mann und dann der Ball gespielt wird ist die Sache klar, hier liegt eindeutig ein Foul vor. Gleiches gilt, wenn zwar zuerst der Ball getroffen wird, der Einstieg aber so heftig ist, dass ein zweifelsfrei unverhältnismäßiger Körpereinsatz vorliegt. Aber in dem Bereich dazwischen, zum Beispiel wenn sauber der Ball gespielt wird, der Gegenspieler dann aber unbeabsichtigt getroffen wird? Oder der Gegenspieler über das Bein stolpert? Oder oder oder ... Wo zieht Ihr die Grenze?

  • Fußball ist ein körperbetonter Sport - in der Regel gibts ein lautes 'Ball gespielt', zeigen auf den Ball und weiter gehts. Aber wenn das Spiel hitziger wird kann man auch mal kleinlicher pfeifen wenn das Einsteigen im Mittelfeld oder so passiert - im Strafraum gibts aber keinen Elfmeter solange der nicht wirklich deutlich zu hart umgehauen wird.

  • Ich unterscheide solche Situationen mit folgenden Aspekten:
    Blickrichtung des Angreifers ( auf den Ball oder Gegner )
    Versuch den Ball spielen zu wollen ( erlaubtes Takling ) oder kompromisslos in den Zweikampf gegangen
    ( Verletzung des Gegenspielers in Kauf nehmen )

    "Der Schlüssel zum Erfolg ist Kameradschaft und der Wille, alles für den anderen zu geben."
    - Fritz Walter († 17. Juni 2002)

  • Aber wenn das Spiel hitziger wird kann man auch mal kleinlicher pfeifen wenn das Einsteigen im Mittelfeld oder so passiert - im Strafraum gibts aber keinen Elfmeter solange der nicht wirklich deutlich zu hart umgehauen wird.

    Wenn ich etwas im Mittelfeld pfeife, dann auch im Strafraum, sonst bin ich unglaubwürdig!

  • Wenn ich etwas im Mittelfeld pfeife, dann auch im Strafraum, sonst bin ich unglaubwürdig!


    Theoretisch ja, praktisch macht man sich als SR doch lächerlich, wenn man auch "Kleinigkeiten" im Strafraum genauso pfeift wie im Mittelfeld.
    Sieht man doch schön am "Elfmeterwürdigen Foul", ja das gibt es nicht, aber alle ("Profi")-SR pfeifen so.
    So viele Fouls die ausserhalb sofort gepfiffen werden im Strafraum aber kaum bis gar nicht (vor allem halten am trikot bei Ecken z.b.).


    Egal zum Thema:


    ich finde übrigens oftmals auch in der BL, dass zu schnell gepfiffen wird.
    Vorallem Attacken von schräg hinten, wo allerdings eindeutig (zumindest für mich) der Ball gespielt wird und trotzdem abgepfiffen wird.
    Mein gefühl sagt mir, dass früher mehr laufen gelassen wurde.

    Bin kein Schiedsrichter, nur ein Spieler Trainer (wieder) Spieler der sich für die Regeln seines Sports interessiert :D

  • Ich bin offen gestanden etwas erstaunt über die geringe Resonanz - und Nummer4 möge es nicht persönlich nehmen, aber sein Beitrag trägt inhaltlich nichts zum Thema bei.


    Vielleicht sollte ich die Beweggründe meiner Frage erläutern: Es geht mir letztlich um eine einheitliche Regelauslegung, welche uns SR das Leben wesentlich erleichtert. Mir ist durchaus klar, dass es Spiele gibt, in denen man großzügiger sein kann, während man in anderen Spielen mit einer kleinlichen Linie besser fährt. Wir reden auch nicht über Vorteil und Co., aber gerade die Szenen, in denen es zu Ball- und Beinkontakt kommt, sind immer wieder anlass zu herrlichen Diskussionen auf dem Platz. Und es gibt zweifelsfrei eine Grenze, bei der ein - an sich erlaubtes - Spiel des Balles mit anschließendem Treffer des Gegners eben doch nicht mehr erlaubt ist ... Und da suche ich nach Richtlinien, wie Ihr mit der Problematik umgeht.

  • Na da gibt es ja verschiedene Sachen, es gibt ja einmal die Verletzungsgefahr wo es einfach vorrangig auf Intensität, offene Sohle etc. ankommt ich denke diese Szenen sind klar. In allen anderen Szenen ist für mich erstes Kriterium verschafft er sich durch das treffen des Gegners einen Vorteil und wenn dass der Fall ist dann pfeife ich ab.


    Für genauere Diskussionen müsste man explizite Szenen besprechen.

  • Es geht mir letztlich um eine einheitliche Regelauslegung, welche uns SR das Leben wesentlich erleichtert.


    Tja- da komm mal bei mir in der KK vorbei und anschließend sieh Dir ein CL-Finale an. Das sind zwei verschiedene Sportarten, wenn man die Regelauslegung der Schiedsrichter sieht. Dazu kommt dann noch der Spielcharacter und zu guter Letzt auch noch der persönliche Stil des SR.


    Da kann man als Spieler nur staunen, was manchmal geht und was nicht. Ich hatte gestern ein sehr engagiertes A-Kreisklassenspiel zu leiten. Ein unsauberer Pressschlag nach dem anderen. Grätschen mit Anlauf aus 3m, 4m und irgendwann kam eine mit 5 Metern Anlauf. Die habe ich dann abgepfiffen und sogar mit einer VW garniert. Und das obwohl der Ball gespielt wurde und die Attacke klar nur dem Ball galt. Aber ich muss auch den Gegenspieler schützen und eine Grenze ziehen, was die zulässige Härte angeht. Und die 5-m-angeflogen-Grätsche bewertete ich gestern als gefährliches Spiel; da es dabei auch noch zum Kontakt kam wurde ein Foul daraus.


    Ein Boateng durfte Samstag in London ungestraft mit beiden Füßen vorweg auf den Ball springen. Bei mir gestern hätte er das besser nicht gemacht.


    Es bleibt dabei: Der SR muss eine klare Linie haben und die Akteure müssen sich darauf einstellen. Schade, ist aber so.

  • Wo zieht Ihr die Grenze?

    Die ziehe ich je nach Spielcharakter unterschiedlich.Da muss man von Spiel zu Spiel schauen.Was man in dem einen Spiel durchgehen lässt,kann eine Woche später schon wieder das grosse Theater auf dem Platz bedeuten oder umgekehrt.Sicherlich hängt es auch von der Leistungsklasse ab,wie viele Grätschen und Tacklings,die dem Spielen des Balles gelten,abpfeift.Je höher,desto mehr kann man laufen lassen (meine Erfahrung).Wenn ein Spieler allerdings mit offener Sohle zum Ball geht,pfeife ich sofort ab,auch wenn klar der Ball gespielt wurde und der Gegner gar nicht getroffen wurde.In den meisten Fällen folgt dann gleich noch :gelbe_karte: .

  • Diese einheitliche Regelauslegung wird dir über Klassengrenzen hinweg nur schwer gelingen, Manfred. Stelle ich mir vor, ich würde ein Kreisliga-D-Spiel pfeifen, so müsste ich mich doch wahrscheinlich sehr umgewöhnen. Das hat verschiedene Ursachen wie auch oben ja bereits mehrfach erwähnt. Das hat aber auch was mit der Einstellung der Spieler zu tun. Situationen, die ich in der Bezirksliga weiterlaufen lasse, würden die Spieler der Kreisliga D in lauten Aufschrei versetzen. Würde ich aber die Fouls der Kreisliga D in die Bezirksliga übertragen, dann würden sich dort die Spieler beschweren, dass ich sie zurückpfeife. Und wahrscheinlich schaut dann nicht nur der "Täter" blöd in der Gegend rum, sondern auch das "Opfer".


    Man kann also gar nicht einfach nur das „Foul” an sich betrachten, es muss immer im Kontext zu Liga, Spielcharakter und Einstellung der Spieler stehen. Nicht umsonst steht in mancher Beobachtung Sätze wie „Der SR erkannte, dass die Spieler Fußball spielen wollten und leitete deshalb die Partie großzügig.”

  • Diese einheitliche Regelauslegung wird dir über Klassengrenzen hinweg nur schwer gelingen, Manfred. Stelle ich mir vor, ich würde ein Kreisliga-D-Spiel pfeifen, so müsste ich mich doch wahrscheinlich sehr umgewöhnen. Das hat verschiedene Ursachen wie auch oben ja bereits mehrfach erwähnt. Das hat aber auch was mit der Einstellung der Spieler zu tun. Situationen, die ich in der Bezirksliga weiterlaufen lasse, würden die Spieler der Kreisliga D in lauten Aufschrei versetzen. Würde ich aber die Fouls der Kreisliga D in die Bezirksliga übertragen, dann würden sich dort die Spieler beschweren, dass ich sie zurückpfeife. Und wahrscheinlich schaut dann nicht nur der "Täter" blöd in der Gegend rum, sondern auch das "Opfer".

    Das kann ich nur so bestätigen. Ich habe im letzten Sommer, frisch in der Bezirksliga, ein Freundschaftsspiel zweier Landesligisten geleitet. Abgesehen davon, dass ich ziemlich "durch" war von dem vorher laufenden Turnier, habe ich wohl mit meinem Kreisliga-Standard das Spiel geleitet.


    Das wurde dadurch deutlich, dass sich nach einem Foulpfiff sowohl Opfer wie Täter über meine kleinlich Linie beschwerten.

  • Was mich viel mehr stört, als die Definition von Foulspielen sind die vielen Kleinigkeiten.
    Falsche Einwürfe z.B. wenn ich das mal mit der Bundesliga vergleiche, da sind so viele Einwürfe bei, die bei uns in der Kreisliga abgepfiffen worden wären :D
    Genauso mit dem Ort der Spielfortsetzung, viele KL Schiedsrichter sind dabei zu genau im Vergleich z.B. zu BuLi Schiedsrichtern.


    Und das mag regeltechnisch zwar richtig sein, da nun aber die meisten Spieler auch BuLi schauen wundert man sich dann halt über die kleinliche Linie des SR.


    Dahingegen finde ich das bei Zweikämpfen in der Bundesliga oftmals sogar zu wenig gepfiffen wird.
    Trikot halten wurde irgendwann ja mal auf "gelbwürdig" hochgestuft, wird aber meiner Meinung nach zu selten auch wirklich genutzt.
    Genauso wie rangeleinen im 16 Meter raum, da braucht man sich dann nicht wunder, dass das irgendwann dazu geführt hat, dass Ellbogen immer öfter in den Gesichter der Gegenspieler landen.
    Einfach weil die Spieler immer ein bisschen weiter gehen bis dann irgendwann die Auslegung verschärft werden muss.

    Bin kein Schiedsrichter, nur ein Spieler Trainer (wieder) Spieler der sich für die Regeln seines Sports interessiert :D

  • Dass in der Kreisliga viele Einwürfe zurückgepfiffen werden, stimmt. Und davon sehr viele leider völlig zu Unrecht. Hier gibt es ein erhebliches Problem; wenn ich höre, bei welchen vollkommen regelkonformen Einwürfen die Spieler auf falschen Einwurf reklamieren, frage ich mich, was andere Kollegen da wohl teilweise zurückpfeifen (dass die Spieler nämlich vollkommen resistent sind, glaube ich nicht). Es ist immer dasselbe, die Proteste kommen, wenn der Ball nur relativ langsam geworfen wird - "zu langsam werfen" verhindert aber nicht den regelkonformen Einwurf, solange man noch einen Wurf erkennen kann (ein Fallenlassen genau vor die Füße ist nicht ok, alles andere interpretiere ich aber großzügig als Wurf).


    Dass der Ort der Spielfortsetzung zu kleinlich ausgelegt wird, würde ich i.A. nicht so sehen. Je nach Spielkontext ist es übrigens auch mal wichtig, einen Freistoß aus der eigenen Hälfte von der korrekten Position ausführen zu lassen und ein Einwurf kann auch nicht 30 Meter weiter hinten ausgeführt werden. In einem Spiel vor wenigen Wochen hat eine Mannschaft ein Tor kassiert, anschließend protestierte ein Spieler lautstark bei mir, beim Abstoß der angreifenden Mannschaft rund eine Minute vorher habe der Ball nicht vollkommen geruht. Weder ich, noch mein SRA konnten dies erkennen -- für mich aber ein Zeichen, dass einige Spieler wohl doch auf gewisse Kleinlichkeit wert legen.... (oder bei wirklich jedem Gegentor meinen, einen anderen Schuldigen ausmachen zu müssen als sich selbst).


    Insgesamt muss man betonen, dass man den Fußball und damit auch das Agieren der Schiedsrichter in der Bundesliga aus diversen Gründen nicht mit denen in Amateurligen vergleichen kann. Die Anforderngen und das Ziel (Bundesliga ist Entertainment!) sind grundverschieden. Genausowenig wie ein Kreisklasse-SR mit Kreisklasse-Stil in der Bundesliga agieren könnte, würde ein Bundesliga-SR mit seinem Bundesliga-Pfeifstil spontan in einem hitzigen Spiel der Kreisklasse klarkommen. Der Unterschied zwischen beiden ist, dass der Bundesliga-SR sich schnell an das Spiel der Kreisklasse anpassen könnte, dem Kreisklassen-SR würde dies für die Bundesliga aber wahrscheinlich nicht gelingen.

  • Um noch einmal auf das Ausgangthema zurück zu kommen. Ich pfeife überwiegend Jugend und da ist meine Linie stets die selbe. Wenn die Attacke so heftig ist, dass der Ball dabei eher nur noch zufällig getroffen wurde, dann gibt es Freistoß und :gelbe_karte: Wenn der Ball eher deutlich gespielt wird, dabei aber eine Verletzung des Gegenspielers billigend in kauf genommen wird, dann gibt es Freistoß. Ich bekomme dabei dann regelmäßig zu hören: "Schiri, ich habe doch den Ball gespielt!" Und ich antworte dann regelmäßig. "Du hast auch den Ball gespielt, hättest du ihn nicht getroffen, hättest du jetzt die Dusche für dich alleine". Ich sehe da den Schutz der Spieler im Vordergrund und meine Erfahrung zeigt, dass die Jungs das auch genau verstehen. Sind erst einmal 2 bis 3 :gelbe_karte: verteilt, dann werden die Zweikämpfe wesentlich präziser und ballorientierter. Man kann auch sehr schön mit der Zeitstrafe arbeiten, falls nötig, denn die wisssen genau, dass nach der Zeistrafe :rote_karte: folgt, z.B. durch eine blöde Pflichtverwarnung und bei uns im Kreis kann das schon mal 3 Spiele Sperre geben, wo es im Herrenbereich eine Matchstrafe wäre.

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    Who the fuck is General Failure and what does he on my PC. :hammer:

  • [...] Man kann auch sehr schön mit der Zeitstrafe arbeiten, falls nötig, denn die wisssen genau, dass nach der Zeistrafe :rote_karte: folgt, z.B. durch eine blöde Pflichtverwarnung und bei uns im Kreis kann das schon mal 3 Spiele Sperre geben, wo es im Herrenbereich eine Matchstrafe wäre.

    Was meinst du mit "wo es im Herrenbereich eine Matchstrafe [= gelb/rot; geändert: FLVW_SR] wäre"?


    Ich verstehe nicht genau, was du da jetzt mit dem Herrenbereich vergleichst?! :rote_karte: und :gelbe_karte:/:rote_karte: bzw. FaZ oder wie?

  • Summierte Gelbe Karten im Jugendbereich haben eine Rote halt zur Folge und für die wird man eben gesperrt, im Herrenbereich nur Gelb-Rot und dafür gibts keine Sperre.


    PS: Spieler wissen oftmals NICHT was die Zeitstrafe überhaupt ist und das man danach für ne Gelbe gleich glatt Rot sieht...

  • Um auf die Ausgangsfrage zurückzukommen:


    Unter Berücksichtigung der von Manfred genannten Ausnahmen ist es für mich ganz einfach. Wenn es mit demselben Bein, mit dem der Ball gespielt wurde, zu einem Kontakt kommt, geht's weiter. Das ist beim Fußball das normale Risiko, dessen sich jeder Ballführende bewusst sein muss und der Grund, weshalb es Schienbeinschoner gibt.


    Sollte es mit dem anderen Bein zum Kontakt kommen, ist entscheidend wer wen wie trifft. Wenn der andere nur drüber stolpert, geht's weiter.

  • Wenn die Attacke so heftig ist, dass der Ball dabei eher nur noch zufällig getroffen wurde, dann gibt es Freistoß und :gelbe_karte: Wenn der Ball eher deutlich gespielt wird, dabei aber eine Verletzung des Gegenspielers billigend in kauf genommen wird, dann gibt es Freistoß.

    Ich gehe davon aus, dass Du es in der Praxis richtig machst. Aber lass Dich mit solchen Formulierungen nicht erwischen: "Eine Verletzung des Gegenspielers billigend in Kauf nehmen" ist nach der Regel FAD und nichts anderes. Da spielt das Treffen des Balles keine Rolle.