Der Schiedsrichter - oft doppelt belastet

  • Nein, ich möchte mich nicht mit der körperlichen und seelischen Doppelbelastung befassen, die so manches Spiel von uns abverlangt, wo wir nicht nur Schiri sondern auch gleichzeitig Konfliktmanager, Seelsorger, Berater und was sonst auch noch sein müssen. Ganz bewusst möchte ich eine Diskussion über die rein körperliche Belastung anstoßen.


    Als ich mit der Pfeiferei 1980 anfing war es üblich, dass man eigentlich immer 2 Spiele in unmittelbarer Folge bekam: D- und C-Jugend, dieselben Vereine, derselbe Platz. Gut, damals spielten die Jugenden noch jeweils 5 Minuten kürzer als früher und man selber war ja auch noch jung, das war kein Problem. Allerdings muss ich heute feststellen, dass der Fußball anspruchsvoller und anstrengender geworden ist - nicht nur, weil, wie oben angesprochen, heute weit mehr Dinge zu beachten sind, die mit Fußball an sich nichts zu tun haben, sondern vor allem, weil die Spiele spiel- und regeltechnisch anspruchsvoller geworden sind (damals war gleiche Höhe noch Abseits und der reine Aufenthalt in Abseitsposition genügte für den Pfiff). Ich kann mich aus meinen Anfangsjahren auch nicht daran erinnern, dass irgendwann mal ein Spieler einen Krampf auf dem Feld gehabt hätte, heute wiederum vergeht kaum ein Spiel, wo dies nicht so ist. Das mag auch am Trainingszustand der Spieler liegen, wirft meines Erachtens aber durchaus ein bezeichnendes Licht darauf, dass selbst in der Betonliga heute anspruchsvoller gespielt wird als damals (womit ich nichts zum "Anspruch" des heutigen Spiels gesagt haben möchte).


    Doppelansetzungen sind heute - zumindest in meinem Kreis - selten geworden, es gibt sie aber noch immer. Wirklich nachdenklich macht mich aber der Umstand, dass der Schiri wohl oft der einzige Akteur auf dem Platz ist, der am Wochenende ziemlich regelmäßig zweimal auf den Platz muss, eine Tatsache, die jede Mannschaft verweigern würde, die jammern ja schon meist, wenn sie nur ein zweites Spiel in einer Woche haben.


    Mich bewegt das zu der Frage: Sind die Mannschaften nur Weicheier oder muten wir uns Schiris - sich oft aus Personalnot - eigentlich mehr zu, als eigentlich gesundheitlich vernünftig verkraftbar wäre?

  • Als Aktiver muss ich sagen: Wenn man nicht gerade im Tor spielt ist es deutlich anstrengender auf dem Platz zu spielen als zu pfeifen. Doppelansetzung? Kein Problem. 2 Spiele innerhalb kurzer Zeit? Beine wie Blei. Es ist einfach nicht das gleiche, daher ists es verständlich wenn Mannschaften darüber meckern, wir nicht, denn sie haben viel eher einen Grund dafür.

  • Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass die körperliche Belastung als Spieler doch noch höher ist als beim Pfeifen. Auch bei uns im Kreis ist es so, dass ohne den Einsatz mancher Kameraden, die dann mehrere Spiele pro Wochenende leiten, nicht alle Partien mit neutralen SR besetzt werden können. Im Grunde als Signal und Außenwirkung für die Vereine der falsche Weg - wenn doch immer jemand auf der Koppel steht um das Spiel zu leiten, wird der Mangel zumindest nach Außen nicht sichtbar. Aber das ist wohl der (falsche!?) Ehrgeiz eines Ansetzers, außerdem weiss ich aus sicht eines Spielers auch, wie unglücklich es ist, wenn kein Unparteiischer vor Ort ist und ein Mannschaftsbeteiligter pfeift.

    'Dann würden einigen Stammtischen die Themen ausgehen.' (Hoffenheims Verteidiger Christian Eichner über die Folgen einer Einführung des TV-Beweises)

  • Keine Frage hier kann ich meinen Vorrednern nur recht geben als Spieler hat man ne ganz andere Belastung, als Spieler hat man halt wahnsinnig viele Sprints während man als Schiedsrichter so ne Mischung aus Joggen und Tempoläufen macht und das kann man wenn man in entsprechender Form ist auch heutzutage noch zwei Spiele nacheinander. Im übrigen steigt für Spieler mit der Erschöpfung das Verletzungsrisiko auch enorm an.

  • Es gibt aber neben dem konditionellen auch einen psychischen Aspekt. Sicherlich kann man das läuferisch bewältigen.
    Aber nach einem intensiven ersten Spiel, evtl. mit Feldverweis und Zirkus, halte ich es nicht für sinnvoll, noch ein zweites Spiel zu leiten. Hier muss man dann als Ansetzer auch mal sagen, wir haben keine SR mehr.


    Ich selbst stehe für solche Aktionen nicht zur Verfügung. Es sei denn es ist, es sind zwei Jugendspiele hintereinander, so wie Manfred dies vorher bereits beschrieben hat.

    Gott sei Dank habt ihr Schiedsrichter, sonst müsstet ihr eure Fehler ja bei euch suchen !

  • Ich finde die Konzentration zu halten wichtiger als das Läuferische. Da kann man mit Erfahrung schon erkennen, wo man im Vollsprint hinterher muss und wo ein lockerer Trab reicht. Aber selbst bei Jugendturnieren pfeife ich grundsätzlich nicht mehr als 2 Spiele hintereinander.


    Und bei Doppelansetzungen haben wir in Berlin zum Glück eine relativ hohe Platzdichte, so dass man eigentlich immer ein zweites Spiel in 5-15 Fahrtminuten Entfernung, aber auf einem anderen Platz bekommen kann. Ein zweites angesetztes Spiel auf demselben Platz, wenn ich im ersten Spiel eine Rote Karte oder einen entscheidenen Strafstoß in den Schlussminuten geben musste, mit aufgeheizter Meute am Rand, brauche ich nämlich auch nicht. Wenn ich als Ersatz-SR einspringe, ist das was anderes. Dann ist das erste Spiel gut gelaufen, denn sonst fragen die einen erst gar nicht. ;)

    Der Klügere gibt nach.


    Das erklärt, warum die Welt von den Dummen regiert wird.

  • Die körperlichen Ansprüche zwischen aktivem Spielen und Pfeifen sind nicht zu vergleichen. Letztendlich finde ich persönlich das pfeifen auch körperlich nicht wirklich anspruchsvoll, es ist ja nicht mehr als gewöhnliches Lauftraining in Intervallen (gelegentlich sprinten, viel gehen und viel lockeres Laufen). Ich bin allerdings mit 21 auch "im besten Sportleralter" und läuferisch gut trainiert, laufe auch jährlich einen Halbmarathon. Im höheren Alter geht das sicherlich nicht mehr so leicht von der Hand, das ist mir bewusst.


    Zwei Spiele an zwei Tagen (Sa/So) sind bei mir der Regelfall und das finde ich auch gut so, zumal das Sonntagsspiel in der Regel nicht mehr sonderlich anspruchsvoll ist (Jugendbereich oder Damen). Zwei Spiele an einem Tag mache ich aber auch ungern, besonders zweimal im Herrenbereich - da fehlt mir im zweiten Spiel die geistige Frische. Dabei ist es ja meistens so, dass das erste Spiel ein unterklassiges Spiel einer zweiten/dritten Mannschaft ist - und gerade da geht es ja mal gerne zur Sache. Mit dem Hintergedanken, später noch einen Sonderbericht schreiben zu müssen, pfeife ich dann ungern ein zweites Meisterschaftsspiel an. Auch die Kombination SR/SRA an einem Tag finde ich nicht gut (eher sogar noch schlechter), da dann erstens oft eine längere Autofahrt dazwischen liegt (d.h. Duschen nach dem ersten Spiel ist unumgänglich, und nach dem Duschen befindet man sich in der körperlichen Regeneration - dann ist ein erneutes Hochfahren nur ein bis zwei Stunden später oft schwierig.) und zweitens dieser "Rollenwechsel" auch eine nochmal höhere Konzentration erfordert.


    Also: Spiele an aufeinanderfolgenden Tagen mache ich gerne. Nach meinem Abi hatte ich viel Zeit und das auch meinem Ansetzer mitgeteilt - was zur Folge hatte, dass ich tatsächlich 8 Spiele in 9 Tagen gepfiffen habe. Und das fand ich gut! Aber zwei Spiele an einem Tag mache ich wirklich nur, wenn es gar nicht anders geht.

  • Ich habe jetzt an Ostern wieder, Samstag um 13:00 eine B- Jgd. und um 15:30 eine 1. Mannschaft Kreisklasse (Derby)! Das ist für einen alten Mann wie mich schon heftig.
    Wenn das eine C- Jgd. und später eine D- Jgd. wäre, hätte ich damit keine Probleme. Der Einteiler lag auf Knien vor mir, da konnte ich halt nicht anderst!

    Alle sagten das geht nicht.




    Und dann kam einer und hat es gemacht.

  • Ich selber bin ja aus dem aktiven Fußballgeschehen zur Schiedsrichterei gewechselt aufgrund eines massiven Knorpelschadens im Knie. War es mir als Spieler bis zu 3 Tage nach einem Spiel nicht möglich Treppen hinabzugehen oder Drehbewegungen durchzuführen oder meine Schmerzen mit Ibu´s 800 zu betäuben. Kann ich heute ohne weiteres an 3 aufeinander folgenden Tagen jeweils ein Herrenspiel pfeifen. Allerdings 2 Herrenspiele an einem Tag ist sehr grenzwertig. Dies habe ich erst einmal gemacht, nachdem bei meinem Spiel alles sehr ruhig war und beim Spiel danach kein Schiri auftauchte und mir Vollverpflegung angeboten wurde... Da hats man danach aber auch gemerkt... würd ich im Herrenbereich nicht wieder machen. Grundsätzlich körperlich durchzustehen, allerdings wie ihr schon vormerktet,kann man die Konzentration schwer aufrecht erhalten...

    Ewald Lienen (Ehem. Trainer 1.FC Köln):
    Wir haben nicht das Recht, jede Entscheidung des Schiedsrichters zu kommentieren. Der lacht sich ja auch nicht tot, wenn wir einen Fehlpass spielen.

  • Ich halte es schlichtweg für unsinnig zwei Spiele nacheinander zu leiten, da es bereits den meisten genügend Probleme bereitet über 90. Spielminuten voll konzentriert zu sein. Keine Bedenken habe ich allerdings, was die körperliche Belastung angeht. Wer am Mittelkreis steht wird wohl kaum aus Erschöpfungsgründen umkippen...

  • Zwei Topspiele hintereinander ist natürlich nur im absoluten Notfall möglich, aber meistens hat man bei mehreren Spielen auch ein lockeres, C-Jugend, Damen oder so was dabei, da kann man auch mal ohne vollste Konzentration durchkommen.


    Natürlich sollte es unser Ziel sein möglichst jedes Spiel unsere maximale Leistungsbereitschaft abzuliefern, wenn es aber aufgrund von Schiedsrichtermangels mehrere Spiele an einem Tag sind ist es denke ich besser in einem Spiel nicht mehr ganz frisch zu sein als die Alternative und zwar die wäre: Anstatt des Schiedsrichters im zweiten Spiel pfeift dieses Spiel keiner.

  • Es gibt aber neben dem konditionellen auch einen psychischen Aspekt. Sicherlich kann man das läuferisch bewältigen.
    Aber nach einem intensiven ersten Spiel, evtl. mit Feldverweis und Zirkus, halte ich es nicht für sinnvoll, noch ein zweites Spiel zu leiten. Hier muss man dann als Ansetzer auch mal sagen, wir haben keine SR mehr.

    Korrekt, sehe ich auch so. Ich hatte vor zwei Wochen ein Spiel mit allem drum und dran: 3 FV (davon 1 Glatt und 2 G/R; hatte ich in 2,5 Jahren noch nie), hartes Spiel der Mannschaften, tiefer Boden, Schneefall während des Spiels und dann völlig überflüssig in der 85. Spielminute eine schwere Verletzung des Torwart am Kopf mit Blutung. Die Spieler hatten in der Kabine die Mannschaftskameraden zum Austauschen, ich blieb in der Kabine allein zurück, als der TW mit dem Krankenwagen abgeholt wurde und der "Spaß" vorbei war.


    Das einzig gute an dem Spiel war, dass die Spieler jeder Zeit fair zu mir waren (bis auf den ersten FV).

  • Wenn auf einer Sportstätte mehrere Spiele hintereinander stattfinden und nach meinem Spiel käme ein "Schiedsrichterfreund" nicht, würde ich schon einspringen, wenn mein Tagesablauf dies zuließe.
    Eine Info an den SR-Ausschuss/Staffelleiter folgt natürlich auch.

  • Zwei Topspiele hintereinander ist natürlich nur im absoluten Notfall möglich, aber meistens hat man bei mehreren Spielen auch ein lockeres, C-Jugend, Damen oder so was dabei, da kann man auch mal ohne vollste Konzentration durchkommen.


    Natürlich sollte es unser Ziel sein möglichst jedes Spiel unsere maximale Leistungsbereitschaft abzuliefern, wenn es aber aufgrund von Schiedsrichtermangels mehrere Spiele an einem Tag sind ist es denke ich besser in einem Spiel nicht mehr ganz frisch zu sein als die Alternative und zwar die wäre: Anstatt des Schiedsrichters im zweiten Spiel pfeift dieses Spiel keiner.

    Ich denke das Gegenteil wär sinnvoll. Wenn die Spiele niemand mehr pfeift, gibts vielleicht mal ein umdenken in Werbung für Schiedsrichterlehrgänge, im Umgang mit SR etc. Solang wir alle noch jedes Spiel ablaufen und uns "ausnutzen" lassen, wird sich da wenig tun. Ich pfeife mit Sicherheit keine zwei Spiele hintereinander. Zum einen wegen der Angesprochenen Gründe zum anderen, weil ich irgendwann auch mal daheim sein will. Meine Frau würde mich sonst rgelmäßig killen, grillen, zum chillen zwingen etc.