Ein Brief an die Vereine

  • Liebe Vereine und Vereinsvertreter,


    habt Ihr Euch eigentlich auch schon einmal damit beschäftigt, wie Ihr mit Euren Gästen umgeht? Ja klar, sicher ... Aber seid Ihr wirklich sicher? Zu jedem Spiel habt Ihr nicht nur eine Mannschaft, sondern im Regelfall auch einen Schiedsrichter zu Gast. Und wenn ich Euch jetzt sage, dass es offenkundig eine ganze Reihe von Vereinen gibt, die sich diesbezüglich definitiv noch keine Gedanken darüber gemacht haben, so entspricht das meinen Erfahrungen.


    Um einen falschen Eindruck zu vermeiden: Es geht hier nicht darum, irgendwelche Privilegien einfordern zu wollen, aber wir Schiris wollen nicht besser und nicht schlechter behandelt werden als die Gastmannschaft!


    Natürlich ist mir klar, dass nicht jeder Verein finanziell auf Rosen gebettet ist und oft genug nicht einmal Herr im eigenen Haus ist. Aber trotzdem kann jeder Verein eine Menge tun, um auch uns Schiris das Gefühl zu geben, wir seien willkommene Gäste. Im Übrigen profitieren alle davon, denn wenn wir gute Laune haben und uns wohl fühlen, wird, das ist nun einmal menschlich, im Regelfall auch unsere Spielleitung besser sein als wenn wir von Beginn an unter Spannung stehen; wer sich wie das fünfte Rad am Wagen fühlt, wird sich auch nicht besonders gut drehen, das haben fünfte Räder so an sich.


    Aber mal ganz konkret:
    Natürlich kommt ein Schiri in aller Regel seltener als die Gastmannschaft der gleichen Liga. Deshalb ist einfach ein wenig mehr Aufmerksamkeit gefragt, denn es macht keinen Spaß, auf einem Sportplatz anzukommen und bei der Frage nach der Schiedsrichterkabine von Pontius zu Pilatus geschickt zu werden. Wir sprechen üblicherweise jemanden an, der durch Jacke o.ä. als Vereinsvertreter erkennbar ist - und es wäre eigentlich schön, wenn der, so er nicht zuständig ist, den Zuständigen suchen und zu uns bringen würde.


    Rein räumlich ist manche Schiri-Kabine eine absolute Zumutung. Aber wenn die Kabine schon klein ist - muss die dann auch noch als Abstellkammer missbraucht werden? Jeder Schiri wird Verständnis haben, wenn in einer größeren Kabine auch ein paar Schränke mit Vereinsmaterial stehen. Nur: Ist es wirklich so schwer, in der Zeit, in der der SR da ist, hier nicht an irgendeinen Schrank zu müssen? So etwas sollte im Vorfeld erledigt werden. Im Übrigen ist es nicht gerade ein Zeichen von Wertschätzung, wenn, gleich welche Größe die Schiri-Kabine hat, diese offensichtlich als Lagerraum genutzt wird; leere Getränkekisten, ungenutztes Mobiliar etc. gehören in keine SR-Kabine. Ebenso fühlt man sich schon merkwürdig, wenn in der SR-Kabine die Waschmaschine läuft ...


    Weiter geht es mit der Sauberkeit: Manche SR-Kabine steht vor Dreck. Mannschaftskabinen werden geputzt, die SR-Kabine seltener. Auch das – oft ausgemusterte – Mobiliar ist nicht nur über seine besten Jahre hinaus, es ist oft genug total verdreckt oder macht einen wenig vertrauenserweckenden Eindruck, was seine Stabilität angeht. Komisch: So etwas habe ich in Spielerkabinen noch nie gesehen ... Ich verlange ja kein neuwertiges Mobiliar, aber stabil und sauber sollte es schon sein.


    Spielbericht und Pässe – sicher verbandsspezifisch, aber vielleicht können Sie sich ja vorstellen, was es dem Schiri für eine Freude macht, diesen Unterlagen nachlaufen zu müssen. Ist es wirklich so schwer, dort, wo dies vorgeschrieben ist, dem SR rechtzeitig und unaufgefordert diese Dinge zur Verfügung zu stellen?


    All diese Faktoren tragen bei einem SR nicht unbedingt zu dem Eindruck bei, hier willkommen und ein geschätzter Spielpartner zu sein, nein, man fühlt sich wie ein notwendiges Übel, welches man am besten schnell wieder los werden möchte. Nach dem Spiel geht es aber noch weiter ...


    Die Dusche – klar wäre es schön, wenn der SR eine eigene Dusche hätte. Geht nicht immer und überall, aber würde es nicht der Anstand gebieten, wenn man dem SR die Mitbenutzung der Dusche wenigstens anböte? Man kommt sich schon blöd vor, nach so etwas zu fragen. Und die Kabinen, die eine eigene Dusche haben – auch hier hapert es leider gar zu oft an der Sauberkeit. Interessant ist auch, dass es eine ganze Reihe von SR-Kabinen gibt, in denen die Abflüsse teilweise schon seit Jahren mehr schlecht als recht funktionieren – nur behoben wird das nicht, selbst wenn nach dem Duschen die ganze Kabine unter Wasser steht und man den Heimverein darauf hinweist.


    Zum Schluss die Spesen:
    Ist es wirklich zu viel verlangt, wenn, analog zum Beginn, hier nicht auch der SR wieder was-weiß-ich-wohin geschickt wird, um die Spesen zu holen, sondern wenn sich jemand vom Heimverein darum kümmert?


    Sie sehen, die meisten Dinge kosten nichts, könnten aber eine wesentlich bessere Atmosphäre schaffen. Ach ja, eines noch: Was natürlich absolut nicht geht, ist wenn Vereinsvertreter mit Ihrem Schlüssel in Abwesenheit des SR dessen Kabine betreten! Mit SR-Kollegen, die das Spiel davor oder danach haben, arrangieren wir uns schon eigenständig und meist auch in der kleinsten Hütte – aber hinter dem Rücken des SR in dessen Kabine? Das geht ja wohl gar nicht und stellt einen klaren Vertrauensbruch dar.


    Ihr Schiedsrichter

  • Manch einer fühlt sich vielleicht besser,wenn er sich seinen Frust einfach von der Seele schreibt.Ob's was bewirkt oder sich dadurch was ändert (was ich persönlich auch nicht glaube),steht auf einem ganz anderen Blatt.

  • Kaef


    Wenn Du das glaubst ... Muss man sich immer den Frust von der Seele schreiben, um sich besser zu fühlen? Oder wäre es nicht auch möglich, dass man einfach mal versucht, die Vereine zu sensibilisieren? Natürlich weiß ich, dass das hier im Forum eher Schiedsrichter als Vereinsvertreter lesen werden - aber da jeder SR einen Heimverein hat, wäre es ja immerhin eine Überlegung wert, mal im eigenen Verein zu prüfen, wie es denn da aussieht; von daher ist der Text auch hier im Forum schon gut aufgehoben.


    MaxGF


    Solange Du den Text nicht als eigenes Konstrukt ausgibst - gerne.



    @Allgemein


    Das es nicht der reine Frustausdruck ist lässt sich gut daran erkennen, dass die Aufzählung unvollständig ist und sich vor allem auf die Dinge beschränkt, die für die Vereine mit gutem Willen und ohne bzw. mit sehr geringen Kosten umsetzen lassen. Ich könnte das, wenn es um Frust ginge, locker um einige Punkte erweitern, etwa um SR-Kabinen, die ungeheizt sind (und in denen ein Aufenthalt bzw. das Umziehen bei 15 Grad keinen Spaß machen), Kabinen, die sich nicht abschließen lassen bzw. der SR keinen eigenen Schlüssel erhält, was einem an Hardware und Ort für den elektronischen Spielbericht manchmal angeboten wird usw.

  • Zuerst einmal wieder Lob an Manfred für diesen interessanten Beitrag. Ich denke, jeder von uns kann ja mal die aufgeführten Punkte mit seinem Heimverein abgleichen. Und wahrscheinlich dürften viele von uns das Glück haben, für einen Verein aktiv zu sein, bei dem die Verwendung von Manfreds Werk nicht notwendig ist. Ich habe mir mal die Mühe gemacht, die einzelnen Punkte auf meinen Verein anzuwenden. Und ich muss sagen, bei uns dürften sich die Kollegen wohlfühlen !


    Empfang des SR :
    Wird vom jeweiligen SR-Betreuer erledigt in dem Bereich, wo der SR bzw. das Gespann die Sportanlage betritt. Da braucht niemand lange suchen.


    SR-Kabine :
    Die eigentliche SR-Kabine bei uns ist auch etwas kleingeraten. Aber den Kollegen steht der Sanitätsraum (10m²) zum Umziehen zur Verfügung, geduscht werden kann dann in der SR-Kabine. Falls möglich, dürfen die Kollegen auch in einer der 4 Mannschaftskabinen. Sauberkeit ist bei uns überhaupt kein Problem, da die Umkleidemöglichkeiten sich allesamt in der Mehrzweckhalle befinden und daher regelmäßig geputzt werden. Alle Kabinen können abgeschlossen werden und der Schlüssel verbleibt beim SR-Betreuer.


    Spielbericht und Pässe :
    Dafür sorgt der SR-Betreuer, dass alles rechtzeitig beim SR bzw. beim Gespann ankommt.
    Hat es bisher auch noch keine Probleme gegeben.


    Spesen :
    Die SR sind nach dem Spiel ins Vereinsheim eingeladen. Dort wird in einem Nebenzimmer der Online-Spielbericht fertiggestellt. Ist das erledigt, bekommen die Kollegen was zu essen und zu trinken und bekommen dort ihre Spesen vom SR-Betreuer.

  • Was auch nett ist, eine Flasche Wasser in der SR-Kabine.


    Oh ja! Ich habe immer eine Flasche dabei, weil ich genau weiß wies läuft. Mittlerweile ist es quasi normal geworden NICHT mehr zu fragen, ob man als Schiri etwas zu trinken möchte. Bei vielen Vereinen kommt da einfach nichts. Muss man ihnen immer nachlaufen. Meistens tue ich das dann nicht, weil ich schlichtweg keine Lust dazu habe. Auch hier wird gezeigt, wie sehr bzw wie wenig wir an Wertschätzung erhalten. Gibt sicherlich auch sehr viele Vereine bei denen das reibungslos läuft, aber bei zu vielen eben nicht.


    Ansonsten: Ein super Beitrag, Manfred. Sprichst viele Dinge genau so an wie sie eben sind. Kleine Kabinen, dreckige Duschen (häufig mit kaltem Wasser), das ewige Suchen nach einem Vereinsvertreter etc...ich denke wir können alle ein Lied davon singen.

  • Bei uns ist der Sprung von der KOL zur LL gewaltig. Ab LL gibt es mitunter ein Essen mit Getränken frei und in der KOL kann man froh sein wenn man ne Selters bekommt.

  • Zitat

    ich denke wir können alle ein Lied davon singen.


    ich persönlich nicht. Lediglich ein Verein bei uns im Kreis hinkt in Bezug auf die Kabine hinterher. Ansonsten haben wir anscheinend bei uns im Kreis Cloppenburg paradiesische Zustände. Was die Betreuung, Versorgung und Unterkunft betrifft können wir hier echt nicht meckern. Teilweise geht das sogar so weit, dass wenn man zu einem Spiel als Zuschauer kommt, man auch schon mal ne Bratwurst oder Cola bekommt.

    Ewald Lienen (Ehem. Trainer 1.FC Köln):
    Wir haben nicht das Recht, jede Entscheidung des Schiedsrichters zu kommentieren. Der lacht sich ja auch nicht tot, wenn wir einen Fehlpass spielen.

  • Leider sagt meine Erfahrung in Hessen, dass selbst die Betreuung in der Gruppenliga sehr schwach ist. Mein Negativ-Higlight: Die Heimmannschaft darf sich nach Spielende am Buffet bedienen, während das SR-Team an der Würstchenbude abgefertigt wird. Mag zwar satzungstechnisch in Ordnung sein, menschlich eher nicht!


    Die SR-Kabinen in unserem Kreis werden durch einen regelrechten "Renovierungs-Boom" derzeit besser. Saubere Duschen gibt´s bei uns fast überall, mit den Mannschaften muss man nur noch sehr selten die Nasszelle teilen.

    Einmal editiert, zuletzt von Manfred () aus folgendem Grund: Durch Verschiebung sinnfreier vorhergehender Beiträge überflüssig gewordenen Bezug entfernt.

  • Auf besonderen Wunsch habe ich den Brief auch als PDF-Dokument (zum vereinfachten Download und Ausdruck) an den Ursprungsbeitrag angehängt.

  • In diesem Zusammenhang sollte man sagen, dass wir SR - so wie Manfred es gesagt hat - in der Kreisklasse doch kein Essen haben wollen nach dem Spiel. Es geht lediglich um eine vernünftige Betreuung und Freundlichkeit. Warum sollten wir auch etwas zu essen kriegen? Wir kosten den Verein pro Spieltag in der Kreisliga bis zu 43 Euro! So viel nehmen die durch Eintrittsgeld nicht ein...Wenn wir etwas angeboten bekommen, nehmen wir es natürlich dankend an. Dass das aber ein ungeschriebenes Gesetz sei, man würde immer etwas zu essen bekommen müssen, halte ich für Quatsch!

    Das beste Zitat von allen: "Dass er mir den Ball weggenommen hat und mich dabei umgestoßen hat, konnte ich ja noch akzeptieren, aber, als er mich dann beim Weglaufen einen "PARDON" nannte, musste ich einfach nachtreten!":D


    (Didi Hamann zur Rechtfertigung einer :rote_karte: wegen Nachtretens)

  • Das liegt sicherlich an der Spielklasse. Im Landesbereich ist es "Usus", dass das SR-Gespann nach dem Spiel zum Essen eingeladen wird. In der Betonliga ist das selbstverständlich anders.

  • MTK und zettelbox:


    Danke, Ihr bringt es auf den Punkt. Ich erinnere in diesem Zusammenhang noch einmal an meine Ausführungen - und dort hatte ich klar und eindeutig beschrieben, dass ich keine Privilegien einfordern will, aber sehr wohl erwarte, nicht besser und nicht schlechter als die Gastmannschaft behandelt zu werden.


    Konkret:
    Ich freue mich über eine Flasche Wasser, setze sie aber nicht als selbstverständlich voraus. "Angepisst" bin ich aber, wenn dem Gegner Wasser angeboten wird, mir aber nicht.
    Ähnlich ist es mit dem Essen nach dem Spiel: Ich erwarte kein Essen, nicht einmal eine Bratwurst. Wenn ich aber mitbekomme, dass der Gegner nach dem Spiel eingeladen wird, so entspricht es m.E. den Geboten der Höflichkeit, auch mich als SR einzuladen und nicht etwa zu vergessen oder eben an der Würstchenbude abzuspeisen. Das heißt übrigens nicht, dass ich eine solche Einladung annehme, es geht hier tatsächlich mehr um die Formalie.