Regelauslegung bei Zeitstrafe

  • Hallo zusammen,


    bei meinem letzten Spiel ist mir folgendes passiert: In der 35. min foult ein Spieler einen Gegenspieler. Ich holte den Spieler zu mir her und gab ihm eine Zeitstrafe. Darauf sagte der Spieler: „Ich gehe sicher nicht vom Feld runter“, also er weigerte sich die Zeitstrafe anzutreten. Ehrlich gesagt wusste ich nicht, ob ich ihm darauf die rote Karte (Gelb geht nicht mehr) wegen Unsportlichem Verhalten geben durfte, um ihn so endgültig des Feldes zu verweisen.


    -Hätte ich Rot geben dürfen oder hätte ich die Situation anders regeln müssen?


    Gruß,


    Schiedsrichter15

  • Die Strafen sind wie folgt: Gelb->5 Minuten->Rot. Verwarnungswürdiges Vergehen nach Gelb bedeutet 5 Minuten, verwarnungswürdiges Vergehen nach 5 Minuten bedeutet glatt Rot, Gelb-Rot gibt es nicht. Jede Strafe kann man auch direkt geben, aber jemand der schon die Zeitstrafe hatte darf wie du schon gesagt hast nicht Gelb sehen.


    Wenn sich jemand weigert nach der Zeitstrafe runterzugehen ist das definitiv eine Unsportlichkeit, also Verwarnung - und Verwarnung nach Zeitstrafe ist nunmal Rot.
    In so einem Fall würde ich mündlich erst den Platzverweis androhen, wenn das nicht fruchtet bleibt nur der Griff zur Hintertasche - und die Mannschaftskameraden beschweren sich dann fast immer bei ihm und nicht bei mir.

  • Falsch: Wenn ich einen Spieler mit einer Zeitstrafe belege und eine solche Antwort bekomme, dann handelt es sich zweifelsfrei um eine Widersetzlichkeit, also um ein verwarnungswürdiges Vergehen (oder mehr). Da wird also ein FaD nicht angedroht, sondern der kommt sofort und ohne zu zögern. Weigert sich der Spieler dann immer noch, den Platz zu verlassen, gibt es eine Info an den Spielführer (und im Jugendbereich zweckmäßigerweise auch an den Trainer) sowie eine kurze Frist (keinesfalls mehr als 2 bis 3 Minuten) - ist der Spieler dann immer noch auf dem Feld, gibt es halt weniger Spiel für dieselben Spesen, weil es dann abgebrochen wird.

  • Ich würde in diesem Fall das oft gehörte "Fingerspitzengefühl" benutzen, klar ist direkt Rot möglich und vertretbar, aber wenn er es sofort einsieht und sich schnellstens verkrümelt hat er bei mir nochmal Glück gehabt - wenn nicht sieht sofort meine Rote Karte Frischluft. In anderen Fällen (Mauer, Torwart beim Elfmeter) gibts auch erst eine Aufforderung vor der persönlichen Strafe, der Fall hier ist schon ein bisschen heftiger aber für mich gerade noch ohne zwingend Rot lösbar.


    (Wenn der Spieler besonders nervig war würde dann ich ihn auch gleich schmeißen.)

  • Hallo.


    Ich schließe mich hier Manfred an. Wenn Du hier "Fingerspitzengefühl" an den Tag legst, hast Du außer ein paar warmen Worten nix gewonnen. Im Gegenteil, der nächste Spieler wird genau das Gleiche tun - es hat ja schließlich schon mal im Spiel hin gehauen. Dann auch noch mal Debattierklub spielen?


    Die Situation ist eindeutig, und in der Regel kommt der Kommentar des Spielers auch entsprechend schnoddrig, dass einem eben nix anderes bleibt als der Feldverweis. Denn man macht sich nur unglaubwürdig bei der nächsten Situation ähnlicher Art und hat entsprechende Unruhe im Spiel. Es gibt Situationen, da kann man noch mal ne Aufforderung nachschieben - im geschilderten Fall ist es aber der falsche Weg.

    "Kondition ist nicht alles, aber ohne Kondition ist alles nix."
    Gerhard Theobald, ehemaliger Bundesliga-SR, zum Thema Grundlagen des Stellungsspieles

  • Ich denke nicht, dass man hier direkt mit der Roten Karte kommen muss, erstmal sollte man es doch mit einer klaren Ansage, darüber was passiert wenn er nicht schleunigst vom Platz geht, versuchen. Wenn er es dann nicht macht ist er selber schuld, aber dann hat jeder klar mitgekriegt er wusste was passiert wenn er sich so verhält und der Ärger projiziert sich in dem moment auch sehr viel stärker auf den Spieler als auf den Schiedsrichter. Wenn der Spieler nach der Ansage den Platz verlässt hast du deine Autorität auch eher gestärkt als mit einer hektischen Roten Karte.

  • Wenn der betroffene Spieler gegen den FaZ "normal" reklamiert, da er ihn für unberechtigt/überzogen hält, anstatt sofort das Spielfeld zu verlassen, würde ich auch nicht sofort Rot zücken, sondern ihn final auffordern, den Platz zu verlassen. Im o.g. Fall äußert der Spieler aber: „Ich gehe sicher nicht vom Feld runter“ und diese kategorische Weigerung, dem FaZ Folge zu leisten, würde ich sofort mit FaD beantworten.

    "Der Klügere gibt nach! Eine traurige Wahrheit, sie begründet die Weltherrschaft der Dummheit."
    (Marie von Ebner-Eschenbach, österreichische Schriftstellerin, *1830 +1916)


    "Mancher ist für die Wahrheit, solang die Wahrheit für ihn ist."
    (Charles Tschopp, schweizer Schriftsteller, *1899 +1982)

  • Ich denke auch, dass es für die Außenwirkung sehr viel besser ist, dem Spieler nicht sofort die Rote Karte unter die Nase zu halten. Wenn das jeder mitbekommt und er dann nicht sofort spurt, ist er auch aus Sicht der Mitspieler und Zuschauer der Depp und nicht wir als SR.

    "Sie stehen besser als wir sitzen und haben die richtige Entscheidung getroffen."
    Tom Bartels über das Gespann Skomina

  • Ich halte hier auch keine klare Ansage für Sinnvoll. Gerade einem Jugendspieler sollte die Möglichkeit gegeben werden, mal kurz über sein Verhalten nachzudenken.
    Ein zweites Mal werde ich dann aber nichts mehr tun. Geht er dann nicht augenblicklich vom Platz, folgt :rote_karte:

    Gott sei Dank habt ihr Schiedsrichter, sonst müsstet ihr eure Fehler ja bei euch suchen !

  • Und man sollte auch das Alter beachten. Es macht meiner Meinung nach schon einen Unterschied ob ein C-Jugend-Spieler das zu mir sagt oder ein A-Jugend-Spieler.

  • Sorry, aber der Unterschied zwischen einem C- Jugendspieler und einem A-Jugendspieler ist hier irrelevant. Die Burschen (und Mädels) spielen in der Regel nicht erst seit Beginn der Saison, sondern schon mindestens drei Jahre, teilweise sogar schon fast sechs Jahre bis zur C. Die wissen sehr gut, was ein Feldverweis auf Zeit bedeutet - und welche Konsequenzen damit verbunden sind. Lasst Euch nicht vom Kindchenschema verunsichern.


    Hier geht es nur darum, mit dem Kommentar dem SR zu zeigen, dass am Ende doch der Spieler richtig handelt, wenn er sich weigert. Und hier sind meistens sogar die Spieler in C und B- Jugend eher dazu geneigt, ein solches Verhalten zu zeigen, wie ein A-Jugendlicher. Der weiß nämlich, daß durch den Feldverweis ggf. der Einsatz bei den Aktiven gefährdet sein kann und lässt den Scheiß und versucht einen unnötigen Feldverweis zu vermeiden.


    Fakt ist, dass hier wissentlich in massiver Form eine Anweisung des SR, verursacht durch ein Fehlverhalten des Spielers, missachtet werden soll. Und da hat Fingerspitzengefühl nix zu suchen. Ich bin jetzt wirklich kein Vertreter einer scharfen Linie und hab häufig auch schon mit entsprechendem Kommentar Druck aus einem Spiel raus genommen. Aber es gibt Grenzen. Und die fangen da an, wo ein Spieler versucht, den SR zu verarschen - was mit dem Kommentar eindeutig geschieht. Und da spielt das Alter keine Rolle.

    "Kondition ist nicht alles, aber ohne Kondition ist alles nix."
    Gerhard Theobald, ehemaliger Bundesliga-SR, zum Thema Grundlagen des Stellungsspieles

  • Jetzt hier über die kognitive und emotionale Entwicklung von Jugendlichen zu diskutieren würde definitiv zu weit gehen, es geht hier aber definitiv nicht nur darum wie lange die Spieler Fussball spielen, sondern auch darum wie weit sie im Kopf sind und da ist ein A.Jugendlicher definitiv weiter als ein C-Jugendlicher und wenn ich ihm mit einer kurzen Ansage seinen Fehler klar machen kann ist mir das immer lieber als ihm mit der besonders harten Strafe einen mitzugeben, dadurch wird er auch nicht beim nächsten Schiedsrichter braver sein sondern eher den Schiedsrichter als Feindbild ausmachen.

  • Ich rede nicht von der kognitiven Entwicklung, sondern vom Verhalten auf dem Platz und die zeitliche Erfahrung, die die Jungen in dem Alter bereits haben.


    Ich bleibe dabei: Ein C-Jugendlicher kann sehr wohl abschätzen, was gebacken ist, wenn er die Zeitstrafe erhält. Entweder er hat bereits eine Verwarnung mit entsprechendem Hinweis bekommen oder er ist so hart reingegangen, daß die Zeitstrafe direkt kommt. Und da muss eine Konsequenz kommen, wenn so ein Kommentar vom Stapel gelassen wird.


    Das geschilderte Verhalten wird sich auch durch ein weniger schnelles Zeigen des Feldverweises nicht ändern: Er wird sich im nächsten Spiel nicht anders zeigen oder einsichtig zeigen, meist sogar noch nicht einmal im gleichen Spiel. Die Schuld für den FaZ liegt ausschließlich beim SR, nicht beim Spieler.


    Hier mal aus einem "normalen" Fußballforum ein Beitrag von einem C-Jugend-Spieler nach einem Feldverweis:
    Ich habe 3 Gegenspieler ausgefummelt bin alleine auf das Tor zugelaufen und wurde von hinten umgehauen, das hat jeder auf dem Platz erkannt sogar unsere Gegner, doch der Schiri pfeift nicht und ich blieb sitzen, als der Schiri 20m weiter gelaufen ist hab ich geschrien das er ein Witz sei, das hatte er dann wohl gehört und kam zu mir an und wollte mich 5 Minuten vom Platz schicken, als er zu mir sagte ich sollte mich umdrehen, wegen meiner nummer, hab ich geantwortet wer? Er meinte dann wieder: Du sollst das umdrehen! Dann hab ich geantwortet: Ne ich meinte wer das wissen will. Darauf hin bekam ich Glatt Rot, mein Trainer ging nach dem Spiel in die Schiedsrichter Kabine und der Schiri behauptete ich hätte Flachpfeife zu ihm gesagt, mein Trainer bestritt das doch der Schiri lies nicht mit sich reden?


    Das ist jetzt nur ein Beispiel, das keinerlei Eigenverschulden oder Einsicht wiederspiegelt; ich könnte bequem zehn hier posten, ist mir aber zu sinnfrei. Die Burschen denken in großer Menge, sie wären der neue Christiano Ronaldo, das zeigt fast jeder zweite Post in verschiedenen Unterforen: Können fast alle beidfüßig schießen, sind dribbelstark, zweikampfstark und kennen die Regeln auswendig und fühlen sich zum Profifussballer berufen.


    Und da kriegt man, meine eigene Erfahrung, mit Verständnis keinen Sinneswandel oder Erkenntnis rein, das geht nur durch Sanktionen.

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    Einmal editiert, zuletzt von jambala ()

  • Das wirkt auf mich wieder wie alle in einen Topf schmeissen nur weil es welche gibt die nicht einsichtig sind , sind noch lange nicht alle so und du brauchst jetzt hier nicht mit irgendwelchen Forenbeiträgen kommen, da wir weder wissen was genau da vorgefallen ist noch dies in irgendeiner Weise die zukünftige Handlung des Spielers zeigt und das wäre von Nöten um zu wissen wie er sich im nächsten Spiel verhält. Das Spieler nach nem Platzverweis noch ne Zeit sauer sind ist normal, das heisst aber nicht, das sie daraus nicht lernen.


    Wenn ich deine Einschätzungen so lese, dann machst du dir durch diese Vorurteile das Leben selber schwer, wenn du nur das negative in den Menschen sehen willst, wirst du in den Spielen immer Stress bekommen, denn genau das ist die von Spielern oft genannte Arroganz des Schiedsrichters.

  • Moderatorenhinweis


    Bitte die Diskussion sachlich und ohne persönliche Angriffe führen.

  • Ich bin bei weitem keiner der die "armen Kinder bloß nicht zu hart rannimmt", aber die Rote Karte ist fast die härteste Sanktion in unserem Arsenal und hat weitreichende Konsequenzen. Der Maßstab für einen Platzverweis muss hoch sein, ich will zwar alle notwendigen Roten Karten geben aber keine unnötigen.


    Ob der Spieler einsichtig ist oder nicht stellt sich doch gerade nach dem mündlichen Warnschuss heraus - wenn ja sieht er es ein und haut lieber schnell ab, wenn nicht FaD. Kann man das als Unsportlichkeit werten? Klar. MUSS man das zwingend als Unsportlichkeit werten? Aus meiner Sicht nicht.


    Wo genau wird denn hier meine Autorität gefährdet? Entweder er beugt sich meiner Ansage, was meine Autorität eher stärkt oder nicht, dann fliegt er trotzdem - aber nach dieser Ansage wird die Schuld auch der letzte Depp in dem Spieler und nicht mir sehen, was meine Autorität auch nicht gefährdet.


    Die Story von jambala ist doch gut vergleichbar: Der Spieler fühlt eine Fehlentscheidung, ist dadurch verärgert, meckert und bekommt eine Zeitstrafe, was ihn natürlich noch mehr verärgert. Falls er doch noch einsichtig ist und die Sprüche eine impulsive Aktion waren wird er den Schuss vor den Bug kapieren, falls nicht wiegehabt Rot.


    Emotionen gehören auch zum Fußball, es gibt Schwarz-Weiß-Situationen und es gibt Grauzonen - das ist für mich noch eine Grauzone, für die erste oder zweite Gelbe Karte=Zeitstrafe würde ich keine Sekunde zögern, aber aufgrund der Konsequenzen einer glatt Roten würde ich hier noch einen letzten Ausweg für einsichtige Spieler geben.


    Nebenbei: Gerade in der Story könnte es auch direkt eine Zeitstrafe (nicht als zweite Verwarnung) und dann die glatt Rote sein, was den emotionalen Jugendlichen noch härter als den Erwachsenen behandelt, der "nur" Gelb-Gelb,Rot gesehen hätte. Die Zeitstrafe ist ja eher ein Entgegenkommen an die Jugendlichen, daher noch ein Argument um eine letzte Chance vor der Roten - wenn vertretbar! - zu geben.

  • Das ist doch ne Situation,welche der eine SR so,der andere so löst.Einer gibt gleich Rot,ist OK.Der andere macht erst mal ne deutliche Ansage und wenn die nicht fruchtet gibt's die Rote erst später oder gar nicht,wenn der Spieler einsichtig war,auch OK.Wo ist denn da eigentlich das Problem?

  • Ich denke, die Reaktionsmöglichkeiten sind hier vielfältig. Sofort nach der roten Karte zu greifen halte ich pädagogisch (ich war ja llen Gerüchten zum Trotz nie Taxifahrer) nicht für die glücklichste Lösung. Klare Ansage und wenns dann nicht fruchtet, dann will er einfach ROT sehen.