Spieler mit Tourette-Syndrom- was tun?

  • Hi Kollegen, ich hab keine Ahnung, wo ich das Thema hinschieben soll, wenn es das falsche Forum ist, dann bitte verschieben.
    Gestern hatte ich ein Einsatz bei einem B-Jgd-Hallentunier. Während einer Passkontrolle sagte ein Trainer mir, dass einer seiner Spieler das Tourette-Syndrom hat.(Für die, die es nicht wissen: Das Tourette-Syndrom ist eine genetische Krankheit, die dafür sorgt, dass befallene Menschen manchmal die Kontrolle über ihr Sprechen verlieren und ungewollt andere Leute beleidigen oder gerade das sagen, was sie denken.)
    Das war für mich eine neue Situation und ich wusste nicht so recht, was ich machen soll. Ich hab mich später mit den Kollegen beraten. Ich war der Meinung, dass man bei diesem Spieler Milde walten lassen soll und nicht zu streng pfeiffen, ein anderer Kollege war der selben Meinung. Die anderen beiden Kollegen meinten, dass wir ihn wie jeden anderen Spieler auch behandeln soll, was ich auch verstehen kann. Es ist zum Glück nix passiert.
    Jetzt meine Frage: Was würdet ihr machen?

  • Rücksicht nehmen und die anderen Mannschaften entsprechend informieren. Ich hatte schonmal gehörlose Spieler, da hat es auf diese Weise wunderbar geklappt.

    In einer Aktion prallten Grevelhörster und Gerick zusammen. Der FC-Stürmer blutete aus der Nase, aber Schiedsrichter Stefan Tendyck aus Gelsenkirchen konnte mit einem Taschentuch aushelfen. Gericks Torriecher wurde nicht in Mitleidenschaft gezogen: Er markierte das 1:3.


    Westfalen-Blatt (29.5.2017) :D

  • So einen Spieler hatten wir vor 1,5 Jahren beim Turnier in Kastel Der Junge hat ständig einen unkontolliert ausgesprochenen Kraftausdruck verwendet. Ein ganz schmaler Grat, aber mit etwas Ruhe sicherlich einschätzbar. In meinen Augen sollte man kranke nicht ausschließen, wenn es vertretbar ist.

    Gott sei Dank habt ihr Schiedsrichter, sonst müsstet ihr eure Fehler ja bei euch suchen !

  • Ein Bekannter von mir leidet auch unter dieser Krankheit. Man kann sehr gut unterscheiden ob er ,durch seinen Körper, dazu gezwungen etwas zu sagen oder ob er wirklich was sagen will. Da die Erkrankten zu dem Zeitpunkt garnicht wissen welches Wort ihren Mund verlassen, versuchen sie es zu unterdrücken(Man versteht es halt nicht richtig) bzw schauen weg(auf jeden Fall schauen sie dabeui keiner Person ins Gesicht!!!). Wenn er sowas sagen will schauen die einem ins Gesicht und sprechen "klar".

    Ewald Lienen (Ehem. Trainer 1.FC Köln):
    Wir haben nicht das Recht, jede Entscheidung des Schiedsrichters zu kommentieren. Der lacht sich ja auch nicht tot, wenn wir einen Fehlpass spielen.

  • Da heißt das Zauberwort "Kommunikation". Ich kenne diese Situation aus der Praxis auch und dann habe ich den Gegner informiert und es war gar kein Problem. Da muss man als SR ein gewisses Feeling haben, wie man das auf dem Platz regelt. Wenn ich merken würde, dass die Ausdrücke zu starken Reaktionen des Gegners führt und dieser kein Verständnis dafür aufbringt, dann muss man mit den erneut Verantwortlichen sprechen. Denn am Ende sind alle Spieler gleich und dann muss dieser Spieler in diesem Spiel evtl. besser zuschauen. Auf biegen und brechen würde ich das nicht durchziehen, auch wenn es sich für den betroffenden Spieler hart anhört.

  • In so einem Fall halte ich es für zweckmäßig, wenn der Spieler vor dem Spiel Gegner und SR ein ärztliches Attest vorlegt.

    "Der Klügere gibt nach! Eine traurige Wahrheit, sie begründet die Weltherrschaft der Dummheit."
    (Marie von Ebner-Eschenbach, österreichische Schriftstellerin, *1830 +1916)


    "Mancher ist für die Wahrheit, solang die Wahrheit für ihn ist."
    (Charles Tschopp, schweizer Schriftsteller, *1899 +1982)

  • Und das finde ich wiederrum nicht notwendig. Man kann glaube ich schon erkennen wenn ein Spieler diese Krankheit hat oder nicht. Er sagt ja nicht nur etwas was er nicht sagen möchte sondern macht auch unkontrollierte Körperbewegungen. So etwas kann ja im Spiel sehr hinderlich sein, sodass ich nicht denke das, dass ein Spieler freiwillig machen würde.


    Andere Frage: Der Spieler bekommt nun seinen Tick und tritt um sich und reißt damit einem auf das Tor stürmenden Stürmer um. Normal :rote_karte: und Strafstoß.
    Aber wie soll man denn hier sich verhalten? Jetzt einfach weiter spielen zu lassen finde ich auch unfair. Ich würde vielleicht Strafstoß geben aber auf die :rote_karte: verzichten.

  • Wie bereits wiederholt erörtert ist auch ein unabsichtliches Foulspiel ein zu ahndendes Foulspiel und wenn dadurch eine klare Torchance verhindert wird, bleibt nur Rot, auch wenn es im o.g. Fall vielleicht unpopulär ist.

    "Der Klügere gibt nach! Eine traurige Wahrheit, sie begründet die Weltherrschaft der Dummheit."
    (Marie von Ebner-Eschenbach, österreichische Schriftstellerin, *1830 +1916)


    "Mancher ist für die Wahrheit, solang die Wahrheit für ihn ist."
    (Charles Tschopp, schweizer Schriftsteller, *1899 +1982)

  • Ja, es darf ja so direkter Nachteil für den Gegner entstehen. Hat der Spieler nur irgendwelche Ticks, wo Schimpfworte fallen und man das vorher weiß, dann werden diese halt nicht als Beleidigung eingestuft, da sie ja nicht verletzend gemeint sind. Begeht der Spieler allerdings durch einen Tick (z.B. unkontrollierte Bewegung) ein Foulspiel, welches eine Torchance verhindert, muss man den Spieler genauso bestrafen wie jeden anderen.

  • MaxGF


    Da gebe ich meinen Vorrednern recht.
    Bei Sprachproblemen ist es etwas anderes als bei z.B. Ticks.
    Es gibt ja schließlich auch Strafstoß + :rote_karte: bei einer fahrlässigen Torverhinderung.

  • @all


    nur eine kleine Ergänzung meinerseits:


    Tourette-Syndrom bedeutet nicht zwangsläufig das unkontrollierte Ausstoßen v. Schimpfwörtern.
    Dabei handelt es sich vielmehr um die Kombination aus vokalen und motorischen Tics.

  • Ich denke, dass dies bekannt ist, dass die Ticks größtenteils eine Kombination sind aus Lauten und ruckartigen Bewegungen. Durch eine solche ruchartige und unkontrollierte Bewegung kann es in einem Zweikampf theoretisch zu einem Kontakt mit dem Gegner kommen und diesen zu Fall bringen. Eine andere Problematik könnte sein, dass ein Spieler durch den plötzlichen Ausruf des Spielers so irritiert wird, dass er einen Ball durchlässt oder nicht hingeht (Vergleichbar mit unsportlichen Rufen wie z.B. Lass oder hier etc.). Dann müsste wir auch zu gunsten des Gegners entscheiden, da ihn ja kein Nachteil entstehen sollte.

  • In meinem Schaltkasten dümpelt ganz dunkel, dass wir dieses Thema schon einmal sehr ausführlich diskutiert hatten - aber offenkundig muss das im Vorgängerforum gewesen sein, denn ich kann das Thema auch nicht mehr auffinden.


    Folgende Punkte halte ich für wichtig:


    - Die Information über diese Krankheit muss vor dem Spiel erfolgen, im Zweifelsfall auch mit entsprechendem Nachweis.
    - Es muss klar sein, dass hier die Informationspflicht vor dem Persönlichkeitsrecht stehen muss, d.h. eine solche Information muss auch an die gegnerische Mannschaft erfolgen.


    Sind beide Voraussetzungen gegeben, kann auf Pfiff und Karte als Folge der Krankheit ggf. verzichtet werden, soweit es um Worte geht, wobei auch eine gewisse "Großzügigkeit" zur Anwendung kommen muss, wenn ein so ungewollt beleidigter Spieler auf diese Beleidigung reagiert. Bei regelwidrigen Körperkontakten halte ich den Pfiff hingegen für unausweichlich, selbst wenn diese krankheitsbedingt sein sollten, ein Tritt etc. tut immer weh, hier gibt es nur einen Ermessensspielraum bezüglich der Karten.


    Liebt einer der beiden genannten Punkte nicht vor, so wird ein solcher Spieler behandelt wie jeder andere Spieler - sonst hat man ruck zuck die Hexe im Spiel.