Unsportlichkeit oder nicht?

  • In meinen beiden Wochenendspielen hatte fast identische Äußerungen: Ein Spieler sagt zu seinem Mitspieler, dass er dieses oder jenes nicht tun konnte/könne, da er schon Gelb habe.


    Jetzt bewegt mich die Frage, wie das eigentlich zu werten ist? Nüchtern betrachtet heißt das ja nichts anderes, als dass der Spieler hier anders eingestiegen wäre und auch eine Verwarnung riskiert hätte, wäre er nicht schon vorbelastet. Positiv: Die Verwarnung hat gewirkt. Negativ: Eigentlich denkt der Spieler unsportlich, denn offenkundig gehört so etwas zu seinem Kalkül. Reicht diese offenkundig unsportliche Denkweise, die laut geäußert wird, aber schon für eine Verwarnung, welche dann ja zwangsläufig zum Rausschmiss führt? Ich habe darauf verzichtet, aber irgendwie bleibt ein ungutes Gefühl, hier nicht das "Unkraut" mit Stumpf und Stil ausgerottet zu haben.

  • Diese Situation empfinde ich auch als schwierig. Ich würde eine Verwarnung davon abhängig machen, wie was in welchem Ton gesagt wird, wie die spezielle Spielsituation war, wie die Gesamtsituation war und ob der Spieler bereits wiederholt "genervt" hat.


    Beispiel: "Wenn ich nicht schon Gelb hätte, würde ich Dir in die Fresse hauen/Dich umhauen!" - da würde ich keine Sekunde zögern, um Gelb/Rot zu verhängen.
    Beispiel: "Sei froh, daß ich schon Gelb habe!" - grenzwertig, denn eine Drohung läßt sich da durchaus erkennen. Auf jeden Fall ist da eine scharfe verbale Ansprache angebracht.


    Wenn ich das Gefühl hätte, das ich schlimmmere Eskalationen verhindern kann, dann würde ich diesen Spieler aufgrund solcher Äußerungen aus dem Verkehr ziehen. Wenn sich ein Spieler bei einer Aktion wehgetan hat, kann so eine Äußerung als spontaner Impuls mal entfleuchen. In dem Fall würde ich es bei einer Ermahnung belassen.

  • Beispiel: "Wenn ich nicht schon Gelb hätte, würde ich Dir in die Fresse hauen/Dich umhauen!" - da würde ich keine Sekunde zögern, um Gelb/Rot zu verhängen.

    Offen gestanden hätte ich da keine Hemmungen, die Gelbe vor der Roten wegzulassen - zumindest dann nicht, wenn ich das einigermaßen ernst nehme. Bei einem (schlechten) Scherz bekäme der Spieler die klare Mitteilung des Risikos eines Missverständnisses.

    Beispiel: "Sei froh, daß ich schon Gelb habe!" - grenzwertig, denn eine Drohung läßt sich da durchaus erkennen. Auf jeden Fall ist da eine scharfe verbale Ansprache angebracht.

    Genau das sind die Dinge, die ich meine. Klare Unsportlichkeit im Denkmodell, dies auch ausgedrückt, aber eben nicht beschimpft oder sonst etwas konkretes getan. Ohne Zweifel könnte man eine Verwarnung vertreten, andererseits gibt es bei mir Ladehemmung, wenn das dann die Ampel bedeutet - und das ist wiederum nicht im Sinne einer einheitlichen Regelauslegung und einer konsequenten Spielleitung ... ?(

  • Das muss man gehört haben. Aber das genannte Beispiel: "Sei froh, dass ich schon Gelb habe!" ist mindestens :gelbe_karte: .


    Ich drehe die Sache einmal um. Wir hören eine solche Äußerung in der 20. Min. und ahnden sie nicht. In der letzten Spielminute steigt der Droher aus der 20. seinem Gegenspieler rücksichtslos auf den Fuß und es kommt zu einer Verletzung des Bedrohten. Haben wir dann nicht eine gewisse Mit-Schuld an dieser Verletzung? Ich finde schon.


    In dubio pro :gelbe_karte: .


    Und was das Argument mit den zu vielen Karten angeht: Auf den elektronischen SB ist so viel Platz- da kann ich auch 30 VW unterbringen- kein Problem. Aber dazu wird es nicht kommen- wenn die Linie stimmt, komme ich meist mit 4-8 Karten aus. Für den Amateurbereich, wo geschätzt jede 2 Karte eine reine Unwissenheits- bzw. Dummheitskarte ist, ein akzeptabler Schnitt, wie ich finde.

  • Soll ich einen Arzt rufen oder kommt ihr noch klar?

    Zitat


    In meinen beiden Wochenendspielen hatte fast identische Äußerungen: Ein
    Spieler sagt zu seinem Mitspieler, dass er dieses oder jenes nicht tun
    konnte/könne, da er schon Gelb habe.

    1.) Was kann der verwarnte Spieler dafür, dass ein Mitspieler das sagt? Wenn überhaupt, müsste doch der Mitspieler gelb sehen und nicht der bereits verwarnte Spieler.


    2.) Wie kann man auf so einen Schwachsinn kommen? Habt ihr auf dem Platz keine anderen Probleme?

  • 1. Hier sagt der bereits Verwarnte die Worte - nur um Missverständnisse zu vermeiden.


    2. Sich damit zu befassen, ob etwas unsportlich und damit regeltechnisch zu ahnden ist bezeichnest Du als schwachsinnig? Da fällt mir nur ein: Was ich selber denk und tu, das trau ich auch nem Andern zu. Aber selbst wenn der Gedanke abwegig wäre, wäre eine angemessene Wortwahl dennoch angebracht.

  • Ich finde den Gedankenanstoß von Manfred sehr gut. Den sowas kann passieren und dann sollte man überlegen, was man nun macht. Da ist dieses Thema schon wichtig, um Lösungsansätze zu finden. Mich würde sowas zum Beispiel auch interessieren. Und da ist BestRef's Szenario auch nicht so verkehrt.

  • Meine Meinung ist: Keine Unsportlichkeit, diese Aussage alleine zeigt das der Spieler über ein unsportliches Vergehen nachgedacht hat, aber wegen der bereits gegebenen Verwarnung davon absieht. Dumm so etwas zu äußern, aber im Endeffekt zeigt dies doch das die erste Karte die gewünschte Wirkung erreicht hat. Ein "so etwas will ich nicht hören" wär es mir trotzdem wert, wenn er weitermacht kriegt er auch seine zweite Gelbe - aber ich habe ihn ja dann gewarnt.

  • Für mich ist der Haupt-Unterschied, ob der bereits verwarnte so etwas zu einem Mit- oder Gegenspieler sagt. Gegenüber einem Mitspieler würde ich es eher als laut geäußerte Einsicht in den Sinn der ersten und mögliche Folgen einer zweiten Verwarnung verstehen. Gegenüber einem Gegenspieler ist schnell die Grenze zur Bedrohung bzw. Provokation überschritten, da würde ich nicht lange fackeln und den Spieler je nach Wortlaut mit GRK oder RK ausschließen.

    "Der Klügere gibt nach! Eine traurige Wahrheit, sie begründet die Weltherrschaft der Dummheit."
    (Marie von Ebner-Eschenbach, österreichische Schriftstellerin, *1830 +1916)


    "Mancher ist für die Wahrheit, solang die Wahrheit für ihn ist."
    (Charles Tschopp, schweizer Schriftsteller, *1899 +1982)

  • Ähnliches hatte ich am Sonntag: Mitte der 2. HZ ruft der Spielertrainer seinen Spielern zu, notfalls auch einmal Gelb für ein taktisches Foul zu riskieren, aber nur die, die noch nicht verwarnt sind. Da bin ich zu ihm hin, habe ihm die Gelbe gezeigt und gesagt, dass er jatzt auch angezählt ist. Seine Frage, warum denn? Beantwortete ich so, dass ich die Aufforderung zur Unsportlichkeit als eine ebensolche werte. Außerdem gab es dazu noch idf im eigenen Strafraum, ich glaube, der hält das nächste Mal die Klappe, wenn ich da bin.

  • Ich muss selber sagen eine Aufforderung zu taktischen Fouls ist für mich ne legitime Anweisung und keine Unsportlichkeit. Auch wenn ich mir als Schiedsrichter möglichst wenig Vergehen und Verwarnungen wünsche, sehe ich taktische Fouls als eine Strategie der verteidigenden Mannschaft an.

  • Eine Aufforderung zu bewusstem regelwidrigen Verhalten ist definitiv unsportlich - oder was sonst? Von daher ist so etwas defintiv eine Pflichtverwarnung, schließlich handelt es dabei um den Klassiker eines "sich gegenüber dem Spiel respektlos ..." verhalten. Sicher gibt es eine Grauzone, ab wann eine Aussage eine Aufforderung zum gewollten regelwidrigen Verhalten ist, aber wenn die Grenze überschritten ist, darf es kein Pardon geben.

  • Sehe das genauso wie Manfred. Leider hat es sich eingebürgert, dass die gelbe Karte für ein taktisches Foul gerne hingenommen wird. Das weiß jeder und das wird sicher auch in jeder zweiten Mannschaftsansprache (selbst in der Jugend) gefordert ("Wenn du Ball verlierst, dann nimm' ihn an der Mittellinie um, dann bekommst du nur Gelb."). Wer allerdings so doof ist, so eine Äußerung auf dem Spielfeld zu tätigen, ist selber Schuld und hat den gelben Karton durchaus verdient.

    "Sie stehen besser als wir sitzen und haben die richtige Entscheidung getroffen."
    Tom Bartels über das Gespann Skomina