Wenn der Schiedsrichter nicht alles sieht. Ein interessanter Fall aus sächsichem Kreis

  • In der Zeitung gab es gestern einen kleinen Bericht über einen vermeindlichen SR fehler, der nun vor dem Kreissportgeircht verhandelt wird.


    Es gab kurz vor Schluss beim Stand von 3:1 für die in Führung liegende Heimmannschaft einen Freistoß rund 30 meter vor der eigenen Torlinie. Der allein leitende Spielleiter gab den Freistoß mit Pfiff frei, doch war im Moment der Ausführung nicht mit dem Augen auf dem Ball. Der Ball wird zurück gespielt, der Torwart stolpert, kann der Ball nicht mehr erreichen und dieser geht in das Tor. Der Schiedsrichter gibt das Tor: 3:2. In der letzten Minute der regulären Spielzeit fällt dann auch noch der Ausgleich, weshalb Heim nun Einspruch eingelegt hat.


    Am Montagabend war nun Verhandlung in diesem Fall. Laut dem Zeitungsberich, brachte die Verlesung der Stellungsnahmen ein großes Fragezeichen in den eigentlich klar geglaubten Fall. Der Heimverein schrieb, dass der der FS direkt zurück gespielt wurde und somit ein SR-Fehler vorlag. Die Gastmannschaft widerum sagt, dass der Ball zuvor über 3 Meter abgespielt wurde und dann der Passempfänger den Rückpass gespielt habe. Der Schiedsrichter gestand in seinem Bericht ein, dass er die Ausführung nicht gesehen hat, da er einem Spieler auf der anderen Seite auf Zuruf den Wiedereintritt gestattet hat. Er konnte deswegen die Frage der Rückpassers nicht klären, gestand jedoch ein, dass der TW in keinem Fall mehr am Ball war.
    Laut Zeitungsbericht wurde die Verhandlung nun vertagt, da man erfahren hat, dass das Spiel teilweise vom Heimverein für die Homepage aufgezeichnet wurde. Das gesamte Material des Spiels (rund 42 Minuten) wurde noch am Abend beim Kreis eingereicht, welcher nun nach Sichtung des Materials beim nächsten Verhandlungstag (i.d.R. alle 3/4 Wochen) ein Urteil fällen wird.


    Ich habe dazu noch eine Frage an erfahrene Kollegen:
    Wie wird das Gericht entscheiden, wenn das Video keinen Aufschluss gibt, die Mannschaften sich weiterhin widersprechen und der SR nichts sagen kann?

  • Warte ich werde meine Kugel fragen!
    Woher sollen wir Wissen was bisher verhandelt wurde und welche Aussagen getroffen wurden. Jede Antwort die du jetzt bekommst ist nichts anders als Raten!

    Es gibt Leute, die denken Fußball ist eine Frage von Leben und Tod. Ich mag diese Einstellung nicht. Ich kann ihnen versichern, dass es noch sehr viel ernster ist. (Bill Shankly)

  • Tja, dann heißt es Aussage gegen Aussage. Wobei der Schiedsrichter sich hier anhören muss, wieso er ein Tor gibt, obwohl er nicht sehen konnte, ob alles korrekt ablief. Ansonsten kann man eigentlich nur abwarten, was bei der Verhandlung rauskommt.

  • Wie das Gericht entscheiden wird ist doch sonnenklar:


    Sollte wirklich nicht anhand eindeutiger Beweise klärbar sein, was wirklich geschehen ist, so ist das Gericht in seiner Entscheidung frei. Unstrittig ist sicher, dass der Schiri einen Fehler gemacht hat, einen Regelverstoß kann man ihm aber auch nicht nachweisen. Es handelt sich dann um einen klassischen Indizienprozess und die Frage ist, wessen Version glaubhafter ist. Ich kann nicht leugnen, dass es mir recht unwahrscheinlich erscheint, dass ein Spieler aus 30 Metern Abstand so auf das eigene Tor schießt, dass der Ball trotz Torwartstolperer nicht mehr erreichbar ist, die Variante mit dem zweiten Spieler wirkt auf mich überzeugender. Aber natürlich kann das Gericht auch zu der Auffassung gelangen, dass der SR das Tor nicht hätte anerkennen dürfen und wegen des potenziell spielentscheidenden Charakters des Fehler eine Neuansetzung verfügen. Aber das Ergbnis wird uns tillongis Glaskugel vorab verraten .. 8)

  • Habe heute per Mail über das Urteil erfahren, welches im Rahmen einer außerordentlichen Verhandlung verkündet wurde:


    Der Richter hat den Fehler beim Schiedsrichter darin erkannt, dass er nicht das Tor hätte geben dürfen, weil er den Weg der Torerzielung nicht wahrgenommen hat. Bereits zuvor wurde darüber informiert, dass das Videomaterial mit dem Foulpfiff unterbrochen wurde und die nächste Einstellung rund 3 Minuten später von einer anderen Ecke des Sportplatzes fortsetzt, wodurch die fragliche Szene nicht zu sehen war.


    Urteil ist eine Art Bewehrung, da Heim sowohl nach oben als auch nach unten nichts mehr reißen kann und auch Gast nur noch bei Siegen der beiden Tabellenschlusslichter am nächsten Wochenende in Abstiegsgefahr geraten kann. Es ist deshalb, so das Urteil, nur eine Neuansetzung durch die Staffelleitung vor zu nehmen, wenn am nächsten Dienstag um 18.00 Uhr für Gast noch die theoretische Gefahr des Abstiegs besteht, sonst wird der Spielausgang aus kostengründen als Remis mit 3:3 Toren (also das eigentliche Ergebnis) gewertet.

  • Ich habe gerade noch einen Zeitungsbericht dazu gelesen, in diesem hört es sich so an, als ob der Richter klar ausschließen konnte, dass die schnitten wurde, da wohl eine Uhr mitlief und die Zeit, die die Kamera aus war, auch der Zeit entspricht, die man benötigt, um mit Equitment die Strecke zwischen den beiden Drehpunkten zurück zu legen.


    In jedem Fall finde ich diese Entscheidung super, denn Gast spart sich, wenn nicht noch etwas unerwartetes passiert, die Anreise von insgesamt rund 80km und Heim muss nicht nochmal SR-Spesen bezahlen. Insgesamt bleiben die Vereine aber trotzdem je auf 40€ Auslagen-& Verfahrensgebühren sitzen.

  • Der Richter hat den Fehler beim Schiedsrichter darin erkannt, dass er nicht das Tor hätte geben dürfen, weil er den Weg der Torerzielung nicht wahrgenommen hat.

    OK, das sehe ich prinzipiell ja ein. Unsere Aufgabe liegt darin auch den Weg der Torerzielung zu verfolgen und zu bewerten.
    Aber die Begründung ist für mich etwas dürftig. "Weil er den Weg der Torerzielung nicht wahrgenommen hat".


    Beispiel (Hat nichts mit dem Fakll zu tun): Als Alleinschiedsrichter achte ich während der Freistossausführung meist auch auf die Abseitslinie. Dabei kommt es schonmal vor, das man Schütze und Ball kurz aus den Augen verliert. Darf ich jetzt das Tor nicht geben weil ich den Weg der Torerzielung nicht beobachtet habe?

    Unstrittig ist sicher, dass der Schiri einen Fehler gemacht hat, einen Regelverstoß kann man ihm aber auch nicht nachweisen.

    Stimmt. Er trifft eine Tatsachenentscheidung


    Nun gut. Das aus einem direktem Freistoß kein Eigentor erzielt werden kann brauchen wir nicht diskutieren.


    Sollte dies dennoch der Fall sein (beachtet bitte den Konjunktiv) liegt mit Sicherheit eine Fehlentscheidung vor.


    Eine Fehlentscheidung liegt aber auch vor, wenn vor der Torerzielung


    • Eine strafbare Abseitposition
    • Ein Handspiel
    • Ein Foulspiel
    • etc

    nicht erkannt wurde


    Diese sind ebenso Spielentscheidend und da gibt es keine Chance das Tor vor dem Sportgericht anzufechten!


    Übrigens: Meine Glaskugel glaubt auch eher die Version mit dem vorherigem Querpass.

  • Die Frage ist jetzt, ob hier wieder die Tatsachenentscheidung des SRs untergraben wird, die er ja auch selbst nicht mehr ändern kann, wenn kein eindeutiges Beweismaterial vorliegt. Sonst könnten Vereine nach dem Prinzip Hoffnung bei jeder kleinen Ungereimtheit vor das Sportgericht ziehen.