Ständiges Rückwechseln zwecks Zeitschinden

  • In der WAZ (Wolfsburger Allgemein Zeitung) war jetzt bei einen Fussball-Regelquiz zu lesen:
    "In der 1.Kreisklasse führt die Heimmannschaft knapp. Kurz vor Schluss möchte dieses Team nun mehrmals hintereinander auswechseln. Der Schiedsrichter unterbindet nach einem Wechsel, bei dem der zuvor eingewechselte und augenscheinlich nicht verletzte Spieler umgehend wieder runtergenommen wurde, dieses Verhalten, in dem er die nächste Auswechslung nicht zulässt. Handelt er richtig?"


    Die "richtige" Antwort lautet dort:
    "Ja. Der Schiedsrichter handelt im Rahmen seines Ermessens korrekt, da es sich für ihn offensichtlich um ein taktisches Verhalten handelt, mit dem der Trainer versucht, die restliche Spielzeit zu überbrücken. Grundsätzlich sollte der Schiedsrichter selbstverständlich zu jeder Zeit Auswechslungen im Rahmen der gültigen Ausschreibung zulassen(...)"


    Meine Frage:
    Sofern laut Ausschreibung Rückwechsel erlaubt sind und die Wechsel in einer Spielruhe durchgeführt werden sollen, habe ich als SR den o.g. "Ermessenspielraum", oder lass ich nach Hinweis an den Trainer ggf. die vergeudete Zeit gem. Regel 7 nachspielen ?

  • Spannend wird das ja meist erst die letzten 10-15 Minuten. Da schaue ich mir die Rückwechslungen schon etwas genauer an und wenn ich das Gefühl habe, dass es rein aus taktischen Gründen (Zeitschinden) erfolgt, dann erkläre ich der Mannschaft (bei taktischem Rückwechsel ist es zu 100% die knapp führende), dass ich weitere Wechselspielchen nicht zulassen werde. Und das muss ich dann halt durchziehen. Nur wenn ich der Meinung bin, es liegt eine Verletzung mit Behandlung vor, dann weiche ich von dieser Linie ab. "Großzügige" Nachspielzeit darf auf keinen Fall vergessen werden.

  • Es gibt da ja Spezialisten, die dann aufreizend langsam, meistens so die letzten 5. Min., quer über den Platz, zur Auswechselbank laufen wollen. Denen teile ich klipp und klar mit, dass ich ein solches Verhalten nicht dulde. Mit einem lautem Pfiff wird das Spiel fortgesetzt und wechseln brauchen die dann nicht mehr.

    Alle sagten das geht nicht.




    Und dann kam einer und hat es gemacht.

  • So einen Kollegen hatte ein Kollege von mir auch, nur hatte der schon während des Spiels Gelb gesehen.
    Er schlich nun langsam wie eine Schnecke vom Platz, der SR joggte gemütlich zu ihm rüber und sagte für alle deutlich:


    "Auf geht's! Wenn ich dich einhole fliegst du mit Gelb-Rot!" - So schnell muss der im ganzen Spiel nicht gelaufen sein. :)

  • Das ist ja altbekannt. Ich lehne die Wechsel nicht ab, ich bin ja selber Trainer und versuche in den letzten Minuten vielleicht noch ein Spiel umzubiegen. Da werden halt am Ende noch mal fünf oder sechs Minuten draufgepackt.
    Lustig fand ich mal ne Begebenheit eines Kollegen als es die Wechsel noch neu waren: er zeigte mir den Bogen der Auswechslungen, er hatte penibel 32 Wechsel in einenm Spiel notiert, davon 16 in den letzten 10 Minuten. Er meinte nur, er werde in Zukunft ne Kassenrolle mitnehmen.

  • Die häufigen Wechsel in der Schlußphase dienen nicht nur der Zeitverzögerung, sondern häufig auch um einen geordneten Spielaufbau einer Mannschaft zu unterbinden. Inzwischen weiß jeder Trainer, dass das Rückwechseln zur Nachspielzeit führt, die manchmal sogar länger ist als tatsächlich "vergeudet" wurde. Aber den Gegner durch das häufigere Wechseln aus dem Rhytmus zu bringen, das kann oft nicht mit Nachspielzeit abgegolten werden. Darum bin ich ein Verfechter des "Nichtmehrzulassens" von Rückwechseln in den letzten Minuten.

  • Für Bayern hat Harald ja die Rechtsgrundlage für das Verweigern eines Rückwechsels verlinkt, bei uns wäre mir das aber zu heiß. Wenn ich als Mannschaft in Führung liege und ich kassiere noch Gegentreffer, die mich den Sieg kosten, nachdem mir zuvor ein Wechsel vom SR verweigert wurde, würde ich Protest einlegen.

    "Der Klügere gibt nach! Eine traurige Wahrheit, sie begründet die Weltherrschaft der Dummheit."
    (Marie von Ebner-Eschenbach, österreichische Schriftstellerin, *1830 +1916)


    "Mancher ist für die Wahrheit, solang die Wahrheit für ihn ist."
    (Charles Tschopp, schweizer Schriftsteller, *1899 +1982)

  • Wechsel, die erkennbar nur dem Zweck dienen, die Spielfortsetzung zu verzögern, muss ich nicht (sofort) zulassen - so ich denn den Wechselwunsch überhaupt gleich bemerke ;) . Das ist regeltechnisch abgedeckt, da ich Unsportlichkeiten nicht akzeptieren darf und weiterhin auch darauf zu achten habe, dass einer Mannschaft nicht unnötig ein Vorteil entzogen wird, d.h. vor allem bei einem Freistoß, aber auch bei einem Einwurf hat eine aussichtsreiche Situation Vorrang vor einem Wechsel, so denn schnell ausgeführt werden kann und soll. Unabhängig davon steht auch in Haralds Zitat, dass diese Zeit nachzuspielen ist - und wenn ich das hinreichend deutlich klar mache, hört auch die unsinnige Wechselei meist von alleine auf.

  • Andererseits ist nichts dagegen einzuwenden, wenn ein Trainer die ihm gegebenen legalen Möglichkeiten taktisch ausnutzt. Das Auswechseln in den letzten Minuten ist ja auch nicht neu und wurde, sofern noch Auswechselspieler übrig sind, auch schon immer angewandt. Eine Auswechslung gehört zum Spiel und ist keine vergeudete Zeit. Sofern ein Trainer also in der letzte Minute auswechseln will, hat er grundsätzlich das Recht dazu. Erst wenn es erkennbar unsportlich wird, sollte man hier einschreiten.

  • Harald, deine Argumentation zieht dann, wenn nicht rückgewechselt wird. Dann ist das klaro. Aber bei Rückwechslungen kann man eben ne Führung super halten, in dem man immer und immer wieder wechselt und das ist unsportlich und auch vergeudet. Ohne Rückwechslung entzieht sich der Diskussion natürlich die Grundlage :)

  • Hier in den USA gibt es in einigen Ligen der Damen auch die Möglichkeit des Rückwechsel, jedoch darf eine Spielerin erst nach 5 Minuten wieder eingewechselt werden. Ich denke dieser Zusatz zur Regel zielt genau darauf, das zu verhindern, was von Ü40 beschrieben wurde

  • Geeignet ist die Maßnahme sicher - aber wieviele verschiedene Zeiten soll ich als SR noch nehmen? Um genau zu sein reicht dann ja nicht die übliche Notiz der Minute der Auswechslung, da das im Extremfall 59 Sekunden Differenz ausmachen kann - aber aus Erfahrung weiß ich, dass schon zwei parallele FaZ das Höchste der Gefühle sind.

  • Hier in den USA(in Florida zumindest) bekommen die SR, wenn sie alleine angesetzt sind einen Timekeeper an die Seite gestellt. Von denen muss jeden Mannschaft, die in dieser Liga aktiv ist, einen am Beginn der Saison melden, und diese fahren dann jedes zweite Wochenende mit zu einem Spiel und nehmen solche Zeiten und machen auch Notizen für den SR.

  • So macht man einen Sport populär: Man verdonnert einfach ein paar arme Schweine dazu, die Uhr zu lesen, und damit es denen nicht zu langweilig wird, bauen wir noch eine Sonderregel ein... :ironie:


    Bei Rückwechslungen im Altherrenbereich ist auch immer gut möglich, dass gegen Ende tatsächlich die Kräfte schwinden, deswegen gibt's die Rückwechsel ja. Die Grenze zur Unsportlichkeit ist da kaum auszumachen, wenn nicht gerade ein eben erst eingewechselter Spieler rausgenommen wird (was man aber auch merken muss - ich schreibe nicht alle Wechsel mit von Spielern, die schon mal drin waren, außer im Pokal wegen des eventuellen Elfmeterschießens). Wenn am Ende sehr viel gewechselt wird, gibt's eben bei knappem Spielstand für die wechselnde Mannschaft ein bisschen Zeit oben drauf. Ansonsten ist es an der zurückliegenden Mannschaft, das Spiel so zügig fortzusetzen, dass der Wechsel nicht rechtzeitig angezeigt werden kann.

  • Bei zu häufigem Rückwechseln warte ich dan nächsten Ballbesitz von der wechselwilligen Mannschaft ab, bis ich dem Wechselwunsch entspreche. Das ist nach der regel nicht vorgesehen, aber irgendwie muss ich der ständigen Spielunterbrechung einhalt gebieten.
    Zudem bin ich bekannt für meine langen Nachspielzeiten; neulich nach Trainerrausschmiss und betont langsamer Abstoßausführung auch mal acht Minuten.