"Schiri den Tränen nahe" oder "Wie verheize ich einen Jungschiedsrichter"

  • Ausschnitte aus der lokalen Presse:


    "... Manchmal endet eine Laufbahn, noch ehe sie richtig begonnen hat. Das ist bei einem 18-jährigen Unparteiischen aus dem Badischen zu befürchten, der am Sonntag mit der Fußball-Kreisliga-Partie SV M - DJK C erstmals ein Spiel zweier erster Mannschaften leitete. Offensichtlich überfordert und wegen des Todes seiner Mutter vor sechs Wochen auch mental nicht auf der Höhe, brach der junge Mann zur Pause ab.


    Spieler beider Teams und Zuschauer hatten die Unsicherheit des Schiedsrichters erkannt und ihn gnadenlos verbal aufs Korn genommen. „Er hatte regelrecht Angst, war total fertig und den Tränen nahe”, erklärt SVM-Vorsitzender und Clubhauswirt. Er habe den jungen Mann in seine Küche gebracht und ihm Mut zugesprochen. Etwas zu essen und zu trinken lehnte der Schiedsrichter ab. „Er wollte nur noch weg und hat gesagt, dass er nicht mehr pfeifen wolle”, erzählt er. Kommt es so weit, dann trifft den Schiedsrichter-Einteiler eine Mitschuld. Es gibt als „Premiere” wahrlich angenehmere Partien zu leiten als gleich ein Duell der nicht als pflegeleicht geltenden Teams on der Kreisliga ... "


    Es handelt sich um die gleiche Klasse, in der Ansgar seinen Nasenstüber erhalten hat. Aus meiner Sicht ein Unding, einen jungen Mann in so eine Schlacht zu schicken. Da investiert man Zeit und Muße in die Ausbildung und dann macht man mit einer ungeschickten Ansetzung alles kaputt ...

  • Ich habe den Bericht nur mit Kopfschütteln gelesen.
    Beide Mannschaften hatte ich schon in Heimspielen gepfiffen
    und diese zählen nicht zu den besonders pflegeleichten in der Kreisliga LU

    Warum hat man sich im Vorfeld nicht mit unserem Obmann verständigt
    um nachzufragen, welche Mannschaften für ein Debüt im Aktivenbereich geeignet sind ??
    Unverständlich, dass man solch einen Kollegen verheizt.
    Es stellt sich zudem die Frage, ob ein Pate vor Ort war, der ihm im Vorfeld
    die Nervosität hätte nehmen können.

    "Der Schlüssel zum Erfolg ist Kameradschaft und der Wille, alles für den anderen zu geben."
    - Fritz Walter († 17. Juni 2002)

  • Wer lesen kann ist klar im Vorteil


    Zitat

    brach der junge Mann zur Pause ab.


    Welche andere Lösung hätte es denn deiner Meinung nach geben können ??

    "Der Schlüssel zum Erfolg ist Kameradschaft und der Wille, alles für den anderen zu geben."
    - Fritz Walter († 17. Juni 2002)

  • Ich kann mich Ansgar nur anschließen, ich kenne beide Mannschaften aus diversen Begegnungen & Turnieren (vor allem die Gastmannschaft) und da hat man schon in gewissen Momenten seine liebe Not, egal wie erfahren und souverän man dort auftritt.


    Noch weniger kann ich nachvollziehen, dass ein junger Schiedsrichter aus Baden sein Debüt im SWFV geben soll - auch dort gibt es die Kreisklassen A-C, in denen man seine Leute behutsam ranführen kann bei Mannschaften, die man aus eigener Erfahrung einschätzen kann.
    Und die psychische Konstitution des SR kommt da noch mit dazu: In so einer Lebensphase denke ich persönlich, dass man da nicht mit Aufstiegen in eine höhere Klasse kommen sollte. Auch wenn er selbst vielleicht so wollst: So viel Menschenkenntnis und Feingefühl sollte man besitzen, dass das zu diesem Zeitpunkt völlig unangebracht war. Das Spiel tut dann wie gesagt sein übriges.


    Wenn ich sowas lese, sträuben sich mir persönlich einfach nur die Nackenhaare... es geht ja schließlich nicht nur um die Karriere als SR und das Hobby an sich, sondern solche Erlebnisse können im schlimmsten Fall wirklich hängen bleiben.

    Nur noch fünf Sekunden, nur noch die wenigen Stufen zum Spielfeld hinunter, und dann bleibst du allein, inmitten Tausender von Menschen...


    Pierluigi Collina

  • Ich kann meinen Vorrednern nur zustimmen und muss sagen, der SR tut mir echt leid.


    Haben Ansetzer keine Fürsorgepflicht gegenüber den SR? Diese Ansetzung sheint mir mehr als ungücklich.

  • Soll jetzt kein Voruwrf an irgendjemanden sein, aber kann man überhaupt in der Lage sein (erstes? Oder zweites, drittes?) Spiel zu leiten, wenn man privat in einer sehr schwierigen Angelegenheit steckt? Vielleicht dient es ja als Ablenkung ... dieser Umstand hat bestimmt auch eine Rolle gespielt, aber: woher will das der Ansetzer wissen?

  • Wenn das sogar die Presse weiß, kann er darum wohl kein so großes Geheimnis gemacht haben, sodass niemand davon wusste... ich will keinem was unterstellen und erlaube mir nicht den Vorwurf, dem Obmann die komplette Schuld zu geben. Aber in so einer Lage sind beide Beteiligten, Ansetzer wie Schiedsrichter, gefragt, evtl. auch die Familie. Da muss man einfach ein wenig Acht geben, ein Mensch ist keine Maschine und so etwas macht nun mal anfällig.
    Man kann sich nicht sein Leben lang vergraben, aber man darf sich auch nicht zu viel zumuten. Da muss man nun mal in Sachen Ansetzungen zusammenarbeiten und als Verantwortlicher darauf achten, dass sich so ein Junge nicht übernimmt. Umgekehrt muss ich natürlich auch einen Vertrauten in der Vereinigung haben, dem ich mitteilen kann, dass es privat grade schwerwiegende Probleme gibt.

    Nur noch fünf Sekunden, nur noch die wenigen Stufen zum Spielfeld hinunter, und dann bleibst du allein, inmitten Tausender von Menschen...


    Pierluigi Collina

  • Die Mutter war vor 6 Wochen verstorben, der Junge hat sein erstes Spiel auf dem Level gepfiffen.
    Ob der Ansetzer das mit der Mutter wusste oder nicht, sei jetzt mal dahingestellt.


    Die Mannschaften (zumindest wohl eine) sind ja recht bekannt, da kann ich da nicht einen relativen Neuling hinschicken. So ein Spiel sollte von erfahrenen SR geleitet werden.



    Hier im Ruhrgebiet gibt es auch viele ethnische Mannschaften, da habe ich als SR ein klares Konzept: freundlich aber bestimmt. Ich ziehe meine Linie durch. Ab und an muss ich aber auch mal verbal dazwischen hauen. Auch kommendes Wochenende habe ich hier wieder ein Länderspiel (TR-DE).



    Auch erfahrene SR haben schlechte Tage, gehen nach Hause und grübeln noch stundenlang über das Spiel. Wenn ich zu so einem Spiel einen jungen (auch vom Alter her) SR schicke, brauche ich mich über das Ergebnis nicht zu wundern.

  • Leider kommt es immer wieder vor, dass Einteiler weder SR noch Vereine kennen. Das soll jetzt kein Vorwurf sein, sondern nur eine Feststellung. Wenn der gewusst hätte, dass das ein brisantes Spiel ist und der SR Neuling ist, hätte er vermutlich anders eingeteilt.
    Bei uns hat der Einteiler nach über 25 Jahren aufgehört und ein junger, unerfahrener hat das übernommen. Der kennt im Gegensatz zum ehemaligen Einteiler weder seine SR, noch die Vereine.
    Ich hoffe nur, man kann den jungen SR nochmals aufmuntern um weiter zu machen!

    Alle sagten das geht nicht.




    Und dann kam einer und hat es gemacht.

  • Er wird ja wohl kein kompletter Neuling gewesen sein, wenn er "schon" Kreisliga pfeifen sollte. Natürlich ist es schade, wenn junge SR auf diese Weise verloren werden, da kann ich mich den vorangegangenen Beiträgen nur anschließen. Allerdings bezweifel ich, dass der Tod der Mutter vor sechs Wochen großen Einfluss auf eine Spielleitung haben sollte. In einem Fussballspiel ist die Konzentration so fokussiert, dass private Probleme für 90 Minuten keinen Platz im Kopf haben. Deshalb liebe ich die Schiedsrichterei, sie ist Ausgleich und lässt mich 90 Minuten den Stress der Woche und andere Probleme vergessen. Sollte dies hier anders gewesen sein, zeigt es nur, dass der Schiedsrichter nicht in der Lage ist ein gewisses geistiges SR-Level zu erreichen. Der junge SR-Kamerad hier scheint eine grundsätzliche psychische Instabilität zu haben und deshalb muss man unabhängig vom bitteren Beigeschmack der Sache sagen, dass es gut ist schon so frühzeitig die Ungeeignetheit für gewisse Klassen zu erkennen. Er muss ja nicht zwingend C-Jugend mit Trauerflor pfeifen, aber grundsätzlich sollte eine kritische Einschätzung des SR stattfinden.

  • Es ist gut möglich, dass der SR das Ganze ausblenden konnte. Aber vielleicht auch nur bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Spieler, Trainer, Zuschauer angefangen haben könnten, eben diese Tatsache herauszukramen. Und sag nicht, dass es sowas unsportliches und "wie man es auch immer nennen will" nicht gibt. Ich durfte es selbst erfahren, nicht an mir, sondern an einem meiner Assistenten, bei dem es auch einen Todesfall in der Familie gab. Und da waren es die Zuschauer hinter ihm.
    Alles in Allem eine sehr unschöne Sache und letztendlich müssen sich die Vereine gerade in den ländlichen Gebieten nicht wundern, wenn sie irgendwann ohne SR spielen müssen. Man könnte meinen, dass dies ihr Ziel ist.

    Religionskriege sind Konflikte zwischen erwachsenen Menschen, bei denen es darum geht, wer den cooleren imaginären Freund hat.


    03/2008 Schein bestanden
    2008 1. - 3. Kreisklasse
    2009 Kreisliga
    2010 Regionalklasse
    2011 " "

  • Das ist sicherlich ganz unglücklich gelaufen und tut mir für den jungen Kollegen sehr leid, aber mir fällt es schwer hier eine eindeutige Schuld festzustellen.


    Zum einen ist so eine Ansetzung unter den vorliegenden Umständen sehr unglücklich, doch ich kann mir nicht vorstellen dass ein Ansetzer hier bewußt jemanden verheizt hat. Ich kenne den dortigen Ansetzer zwar nicht, aber er wird sich im Sinne seiner Tätigkeit sicherlich etwas bei der Besetzung des Spiels gedacht haben. Vielleicht ist der Kollege ja trotz seines Alters schon ein richtig guter SR und damit fähig für solch ein Spiel, wußte der Ansetzer vielleicht nichts von dem Todesfall?


    Ein Todesfall in der Familie ist für jeden Angehörigen, unabhängig davon ob man SR ist, ein schwerer Schlag der erstmal verarbeitet werden will. Ob ein 18-jähriger nur 6 Wochen nach dem Tod der Mutter schon wieder fähig ist ein schweres Spiel zu leiten vermag ich nicht zu beurteilen, ich jedenfalls könnte das wahrscheinlich nicht. Hier stellt sich für mich die Frage, ob der KSA über die familiäre Situation des betroffenen SR´s überhaupt informiert gewesen ist. Sollte das nicht der Fall sein, dann kann man dem Ansetzer mMn keinen Vorwurf machen. Ich habe den naiven Glauben dass jeder Schiedsrichteransetzer sich seine Gedanken zur bestmöglichen Besetzung der Spiele macht.


    Sollte jedoch der Ansetzer über den Todesfall in der Familie des SR´s informiert gewesen sein, dann hat er tatsächlich einen großen Anteil an diesem Dilemma.
    Wenn das aber nicht der Fall sein sollte, dann frage ich mich warum der SR den KSA nicht informiert hat.

    :hsv1: IN DUBIO PRO RAUTE! :hsv1:


    25.05.1983 - Die Helden von Athen:


    Uli Stein - Bernd Wehmeyer, Holger Hieronymus, Dietmar Jakobs, Manfred Kaltz - Wolfgang Rolff, Jürgen Groh, Felix Magath, Jürgen Milewski - Horst Hrubesch, Lars Bastrup (ab 61. Min. Thomas von Heesen)


    Trainer: Ernst Happel



    Nicht selten sind wir nach dem Spiel so richtig deprimiert,
    wir freuen uns schon wenn unser Team zumindest nicht verliert.
    Es ist schwer - wir sind Fans vom HSV!

  • Zitat von nap3l;157803

    Sollte dies hier anders gewesen sein, zeigt es nur, dass der Schiedsrichter nicht in der Lage ist ein gewisses geistiges SR-Level zu erreichen. Der junge SR-Kamerad hier scheint eine grundsätzliche psychische Instabilität zu haben und deshalb muss man unabhängig vom bitteren Beigeschmack der Sache sagen, dass es gut ist schon so frühzeitig die Ungeeignetheit für gewisse Klassen zu erkennen. Er muss ja nicht zwingend C-Jugend mit Trauerflor pfeifen, aber grundsätzlich sollte eine kritische Einschätzung des SR stattfinden.



    Wie gut, dass Du dabei warst und durch Deine Jahrelange Tätigkeit als Psychiater sowas per Ferndiagnose beurteilen kannst. Bei solchen Kommentaren geht mir echt die Hutschnur hoch.


    Jeder Mensch verarbeitet einen Trauerfall anders. Keiner von uns kann mit 100%iger Sicherheit sagen, wer was wusste. Vielleicht ist er ja ein guter SR. Und ich behaupte jetzt einfach mal, dass mir, häufig während einer Spielruhe irgendwelche Alltagssachen in den Kopf kommen, wo ich dann erst mal Mühe habe, diese wieder aus dem Kopf zu bekommen. Das geht anderen SR sicherlich genauso. Daher halte ich Deine Aussage für völlig deplatziert.

    FSK 6 Es gibt kein richtiges Mädchen
    FSK12 Der Held bekommt das Mädchen
    FSK16 Der Böse bekommt das Mädchen
    FSK 18 Alle bekommen das Mädchen

  • Das ist doch immer noch ein Teil des Jugendwahns, ein talentierter JungSR soll sein erstes Herrenspiel leiten, welche Gründe auch dahinter stecken und ich glaube auch das wir überhaupt keine Ahnung haben was in dem jungen Mann vorging, wir sollten hier mit Vermutungen aufhören und einfach mal nur das Spiel betrachten.
    Ich kenen beide Mannschaften nicht und egal wer oder was die waren. Das erste Herrenspiel ist immer was besonderes und man ist nervös und auch belastet.
    Ich weiss noch das ich in meinen ersten Herrenspiel mit SRA, völlig überfordert war und auch alles in den Sand gesetzt habe was ich konnte.
    Aber zurück zum Thema, auch bei uns im Bezirk werden viele junge SR einfach überfordert und einige haben schon die Konsequenzen gezogen und aufgehört.
    Gott sei Dank noch keiner in der Halbzeit, das muss schon massive Gründe geben und diesen Schritt zu machen!

    Es gibt Leute, die denken Fußball ist eine Frage von Leben und Tod. Ich mag diese Einstellung nicht. Ich kann ihnen versichern, dass es noch sehr viel ernster ist. (Bill Shankly)

  • Hallo Leute,


    der SR hat vll gedacht das ihn die Schiedsrichterei besser von dem Vorfall ablenkt. Ich selbst habe meinem Vater im letzten Jahr im Oktober verloren. Am gleichen Wochenende habe ich alle Spiele abgegeben, was sicherlich auch verständlich ist. Aber am darauffolgendem Wochenende wollte ich unbedingt wieder pfeiffen und wurde sogar in der Zeitung für meine tolle Leistung auf dem Platz gelobt. Der junge SR hat vll wirklich um ein Spiel gebeten um sich damit abzulenken. Bei mir hat es letztes Jahr echt supper geklappt.