Blatter fordert Diskussion um Hilfsmittel

  • Das sind Diskussionen die wir im Fußball seit Ewigkeiten haben und die es auch in anderen Bereichen gibt (wozu brauch ich einen Computer, ich hab doch einen Zettel und Stift).


    Die Torlinientechnik ist, genauso wie Funkfahnen und Headsets, eine Möglichkeit dem SR die Arbeit zu erleichtern. Ich denke nicht das ein SR verunsichert durch die Gegend läuft, wenn die Technik ihm Tor meldet. Es wird hingegen wohl fast keine Reklamationen mehr in diesem Bereich geben. Der erste Spieler der ankommt um zu meckern, bekommt die Uhr gezeigt wo Tor drauf steht und das Thema ist gegessen.


    Um spektakuläre Fehlentscheidungen der Technik möglichst vermeiden zu können, gibt es eben diese Versuchsphase. Gänzlich vermeiden kann man soetwas zwar nie, aber der Zufall wäre schon ziemlich groß, wenn die Technik genau in dem Moment ausfällt, wenn der Ball 2cm hinter der Linie ist und nicht dann, wenn der Ball irgendwo im Netz liegt.


    Sieh es als das an, was es ist: Eine Arbeitserleichterung in Situationen, in denen wir als SR nur verlieren können. Wir beide werden vermutlich eh nie die Ehre haben mit diesem System zusammenarbeiten zu dürfen.

  • Alle vier Jahre schaue ich Hockey ;)


    Das Spiel ist vom Grunde her dem Fußball ähnlich. Gerade gab es bei einem Tor der deutschen gegen Belgien nach einer unklaren Torsituation (hat noch ein Spieler den Ball innerhalb des Schusskreises berührt oder nicht) den Videobeweis. Der "Videorichter" hat nach ca. 30 Sek dem SR die richtige Entscheidung mitgeteilt.


    Jede Mannschaft hat einmal die Möglichkeit ihn anzufordern außer sie hatte Recht, dann darf sie erneut anfordern.
    Darüber hinaus hat der SR selbst die Möglichkeit dazu, wenn er sich unsicher ist.


    Was ich damit sagen will: Es funktioniert.


    Im Hockey scheinen sie eh nicht so zäh bei sinnvollen Regeländerungen zu sein.

  • So gehen die Geschmäcker auseinander. Ich fand die ewigen Unterbrechungen einfach nur nervtötend.

  • Also ich hab auch bei Olympia jetzt Deutschland-Belgien gesehen und für den Zuschauer fand ich die Unterbrechungen aber gar nicht bemerkbar. Es handelte sich um wichtige Szenen, die werden eh 3 Mal wiederholt von der Regie, ob mit oder ohne Videobeweis. Wenn währenddessen der Video-SR da seine Entscheidung trifft stört es keinen und der Sport profitiert durch weniger Fehlentscheidungen.

  • Die Frage ist nur, ob der Videobeweis da was gebracht hat. Aus meiner Sicht war da definitiv ein Fuß dran, es war nur nicht sofort zu erkennen von welcher Mannschaft. Wenn dann, weil es ja schnell gehen muss, die Rückmeldung kommt: "Kann nicht aufgelöst werden" käme ich mir als Spieler noch mehr veräppelt vor.

  • @ flitzpiepe Das war eine andere Situation, die wahrscheinlich auch taktisch gewesen sein könnte, um durch den Videobeweis den deutschen Konter abzubrechen.


    Es wird natürlich Situationen geben, wo die Videobilder keinen Aufschluss bringen, na und, dann gilt eben die ursprüngliche SR-Entscheidung und der Einwand nicht unberechtigt.


    Ich glaube auch, dass es beim Fußball weniger Unterbrechungen geben wird, weil analog zum Fuß beim Hockey, ein taktisches Mittel nicht darin liegt, dem Gegner im Strafraum die Hand abzuschießen um einen Strafstoß zu bekommen.


    Die relativ vielen, ich meine 3, Unterbrechungen in der Schlussphase waren teilweise störend, jedoch waren sie notwendig, da die Situationen entweder falsch beurteilt oder eben unklar waren. Es gab somit keine spielentscheidende falsche SR-Entscheidung.


    Mal das Turnier abwarten.

  • die wahrscheinlich auch taktisch gewesen sein könnte, um durch den Videobeweis den deutschen Konter abzubrechen.

    Da fängt es doch dann schon wieder an. Also nimmt man in der Schlussphase eine taktische Videountersuchung um Angriffe oder Druckphasen des Gegners zu unterbrechen.


    Dafür hast du beim Fußball aber auch Entscheidungen wie Abseits die Spielentscheidend seien können. Solche Situationen können wahrscheinlich genauso oft wie die Fuß Diskussion vorkommen.

  • Da hast du m. E. einen kleinen Denkfehler: bei einer falschen Abseitsentscheidung pro Angreifer würde man doch nur bei Torerfolg unterbrechen. Ok, die SRA würden tendenziell eher die Fahne unten lassen, könnte man aber mit leben.
    Deswegen fallen nicht plötzlich zig umstrittene Tore pro Spiel.


    Die Wahrscheinlichkeit, dass nach einem umstritten Nichttor/ -Strafstoß unmittelbar ein Gegenangriff eingeleitet wird, ist auch recht gering. Zudem könnte man den Zeitpunkt der Unterbrechung auch noch regeln. Der SR muss das Spiel ja nicht dann unterbrechen, wenn ein Angreifer alleine aufs Tor zurennt.


    Und, einmal falsch, Recht verwirkt ;)

  • Und wie soll die zeitliche Abfolge zwischen dem falschen Abseits, dem Protest dagegen und dem Torerfolg sein?


    a) man darf erst nach dem Tor protestieren. Stellt sich die Frage wie lange darf die angezweifelte Szene vergangen sein?
    b) man muss nach dem Abseits aber vor dem Tor Protest einlegen. Wird nur behandelt falls ein Tor fällt. Dann wird vermutlich sehr oft Protest eingelegt, aber selten kommt er zum Tragen.
    c) man muss nach dem Abseits aber vor dem Tor Protest einlegen. Wird sicher nach Spielzug behandelt und nur bei Tor zurückgesetzt.


    Keine dieser Lösungen scheint mir wirklich praktikabel.

  • Wir müssen jetzt nicht bis ins letzte Detail diskutieren, wie man den VB im Fußball genau umsetzt. Die Beobachtung bei der doch sehr mit Fußball verwandten Sportart Hockey zeigt, dass der VB grundsätzlich funktioniert und von Spielern und Zuschauern akzeptiert wird.

  • Es werden immer und immer wieder verschiedene Argumente gegen den Videobeweis rausgeholt. Worauf können die basieren? Nur auf Spekulatius, denn getestet wurde es nie.
    Vielleicht ist eure Schwarzmalerei ja berechtigt, vielleicht klappt das wirklich nicht. Aber testen sollte man es auf jeden Fall, denn vergleicht andere Sportarten mit vergleichbaren Situationen (Hockey, Rugby) und es klappt. Sonst ist es nur neo-Luddismus, konsequent gegen Veränderungen und Technik wettern, auch wenn sie was nützt.


    Wenn sich nie Leute für Veränderung eingesetzt hätten gäbs uns alle hier gar nicht, zu Beginn des Fußballs waren die beiden Kapitäne gemeinsam Schiedsrichter.

  • Sorry aber mit diesen Argumenten kann ich auch genau in die andere Richtung kommen.


    Mir ist es wichtiger, bei größeren Änderungen vorher klar Abzustecken wo die Schwachpunkte sind, und möglichst viele davon in der konkreten Umsetzung zu berücksichtigen. Das hat weder etwas mit Technikfeindlichkeit oder Angst vor Neuerungen zu tun. Viele gute Innovationen sind nicht an der Qualität des Produktes, sondern an der Qualität der Einführung gescheitert.


    Beispiel: Torsignalisierung an den SR. Dies ist so sinnvoll umgesetzt, eine direkte Signalisierung im Stadion würde die Akzeptanz des Systems bei "Fehlsignalisierungen" (Schuss von außen ans Tornetz) schnell kippen.


    Wenn nun ein Videobeweis gefordert wird, dann sollte klar sein, welche Situationen können damit sinnvoll gelöst werden. Dazu gehört für mich nicht nur, kann ein Video das auflösen, sondern wie kann das Prozedere aussehen, um möglichst wenig den Ablauf des Spiels zu stören.

  • An und für sich habe ich nichts gegen die Technik.


    Man sollte mal wirklich bei Sportarten, die den VB haben nachschauen, wie dort das Prozedere ist. Wie oft soll der VB eingesetzt werden? Bei jeder Entscheidung des SR macht das wohl wenig Sinn. Wenn jeder Verein 3x den VB wählen darf und die Möglichkeit ist ausgeschöpft und ausgerechnet dann kommt nochmal so eine kritische Situation, gibt es sicherlich wieder Ärger.


    Die Regel soll doch für alle gleich sein, was macht man in den unteren Klassen?
    Wer soll den VB auswerten, der SR, der SRA, oder ein zusätzlicher SR?
    Wieviele Kameras sollen da bereit stehen?
    Von welchen Positionen sollen die Kameras filmen?
    Da sind für mich noch zu viele Fragen offen, da Fußball doch ein einfaches Spiel ist, oder etwa doch nicht?

    Alle sagten das geht nicht.




    Und dann kam einer und hat es gemacht.

  • @ Kanarien3


    Wir machen und zu viele Gedanken. Wie viele umstrittene spielentscheidende Situationen, die der SR falsch entscheidet gibt es denn pro Spiel? Ich behaupte mal, dass das Kontingent kaum ausgeschöpft wird.


    Und wenn es einer mal ausgereizt hat, dann hat er auch 3 x falsch gelegen. Wer 3 x taktisch wechselt, wie die Italiener im Finale, der hat halt Pech gehabt, wenn sich dann einer verletzt.


    Ja, die Regel "soll" für alle gleich sein, "muss" es aber nicht. VB hat nur da Sinn, wo ohnehin schon Kameras sind und das sind jetzt schon einige. Ohne Kameras gibt es auch keinen Beweis für Fehlentscheidungen. Das trifft auch auf nicht auflösbare Situationen zu.


    Die Gleichheit der Regeln von der CL bis zur Betonliga oder einem Afrikanischem Sandplatz ist sowieso nicht gegeben und kein Argument. Ich glaube nicht, dass die unterklassigen Hockeymannschaften ein Problem damit haben.


    Die Videoentscheidung trifft der Video-SR und gibt sie per Funk an den SR, das geht am schnellsten, siehe Hockey.


    Dass noch Fragen offen sind, ist klar, die müssen auch wir nicht jetzt lösen. Einfach testen, die positive Erfahrungen anderer Sportarten umsetzten und dann ggf. nachbessern.

  • Dann geh ich ins Stadion, meine Mannschaft schießt ein Tor, ich kann aber noch nicht jubeln, weil die andere Mannschaft protestiert.


    Nach einer Minute gibt der SR dann das Tor. Jubel frei! Nee danke...


    Aber wenn das Toreschießen schon keine Stimmung mehr erzeugt, könnte man doch ein paar mehr Bengalos ins Stadion bringen 8)

  • Grade im Spiel der deutschen Frauen: Das Spiel ist bestimmt eine Minute unterbrochen nur damits nachher heißt: Tja, wir sehen nicht genau was war...
    Torkamera von mir aus, aber lasst um Himmels willen den Quatsch bei sonstigen Entscheidungen weg.


    Ich bin geschätzte 25 Jahre Fußballfan und ich hab jede Schirientscheidung nach kurzer Zeit überlebt, wenn da jetzt x Pausen reinkommen weil man halt überprüfen will ob dies oder jenes wirklich so war wie es der Schiri gesehen hat, dann machen wir den Sport kaputt mit diesen Pausen, lassen wirs bitte dabei wie es ist.


    Vermutlich ist es echt Geschmacksache, aber die zwei Hockeyspiele die ich die letzten zwei Tage geschaut habe sind für mich ein Plädoyer gegen den Videobeweis.

  • Dann geh ich und Stadion, meine Mannschaft schießt ein Tor und ich kann nicht jubeln, weil's der SR nicht gesehen hat und wir scheiden wahrscheinlich deswegen aus.


    Dann geh ich und Stadion, die andere Mannschaft schießt ein Tor nach Handspiel, darf jubeln und zur WM, weil der SR das Handspiel nicht gesehen hat.


    Dann geh ich und Stadion, meine Mannschaft klärt den Ball auf der Torlinie mit der Brust aber muss 80 min in Unterzahl spielen und einem Elfmetertor hinterherrennen, weil der SR irrtümlich ein Handspiel wahrgenommen hat.


    Dann geh ich und Stadion, die andere Mannschaft schießt ein Tor aus unfassbarer klarer Abseitsstellung und darf jubeln, weil der SRA einen unfassbar großen Blackout hatte.


    Das sind jetzt natürlich vollkommen absurde von mit ausgedachte Beispiele, die natürlich keinerlei Ähnlichkeit zu den letzten WM, EM und Quali.-Spielen haben. ;)


    Mal ehrlich, ich nehme die 1 Minute Warten fürs Jubeln gerne in Kauf, wenn das Tor meiner Mannschaft umstritten war.

  • Wer sagt denn das bei jedem Tor der Videobeweis nötig ist? Die meisten Tore sind doch klare Dinger.


    Außerdem haben im Rugby jetzt nicht die Fans scharenweise die Stadien verlassen als der Videobeweis eingeführt wurde und man manchmal 30-60 Sekunden auf das Ergebnis des Video-SR warten musste. Ich glaube kaum das Fußballfans sich anders verhalten würden, ist jetzt prinzipiell nicht großartig was anderes.


    Im großen und ganzen finde ich einfach alles schwache Kontraargumente wenns darum geht ein Millionengeschäft wie den Fußball gerechter machen zu lassen. Gerade wir Schiedsrichter müssten doch dafür stehen dass alles so regelgerecht wie nur irgendwie möglich abläuft?

  • Es ist nun offiziell. Beim Confed Cup 2013 und bei der Fußball-WM 2014 in Brasilien wird die Torlinientechnologie GLT eingesetzt. Darauf verständigte sich die FIFA heute in ihrer Pressemittelung.

    Zitat von Pressemitteilung FIFA

    In jedem Stadion wird ein System installiert, das von den Spieloffiziellen vor den Partien jeweils getestet wird.

    Trotzdem wird weiterhin in Europa und Deutschland das System nicht eingeführt. UEFA-Präsident Platini macht es nochmal deutlich.

    Zitat von Michel Platini; Präsident UEFA

    Ich war immer gegen den Einsatz von Technik im Fußball. Deshalb wird es in den europäischen Wettbewerben keine Torlinien-Technologie geben. Auch aus finanziellen Gründen: Wenn ich die Technik in der Champions League und Europa League einführe, kostet mich das jetzt 32 Millionen Euro für 78 Stadien. In fünf Jahren kostet es dann 54 Millionen.


    Die DFL hatte auch angekündigt, das System zur Saison 2013/14 nicht einzuführen. (kicker)

  • Einen durchaus interessanten Beitrag hierzu hat auch der SPIEGEL hierzu verfasst. Womöglich geht es gar nicht primär darum zu erkennen, ob ein Ball nun im Tor war oder nicht, sondern um die üblichen Machtspiele und Wahltaktiken.


    Übrigens: Ich biete eine Wette an, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis wir auch mit Torlinientechnologie den ersten Fall haben werden, in dem ein Nicht-Tor als Tor anerkannt wird bzw. die Anerkennung eines Tores verweigert werden wird. Es könnte etwas länger dauern, bis dieser Fall eintritt, aber m.E. wird er eintreten - das ist so sicher wie das "Amen" in der Kirche. Hält jemand dagegen?